© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/12 07. September 2012

Lesereinspruch

Was ist „natürlich“?

Zu: „Vorrang für Familie“ von Jürgen Liminski (JF 34/12)

Dieser Leitartikel zum Ehegattensplitting für gleichgeschlechtliche Paare hat den eigentlichen Streitpunkt der Debatte verfehlt und zuviel außer acht gelassen. Liminski bezieht sich auf die „natürliche Familie“, die „natürliche Lebensform der Ehe“ und die daraus entstehenden „natürlichen Kinder“. Doch was „natürlich“ bedeutet, wird nicht erläutert.

Eine natürliche Ehe ist ein sehr weitreichender Begriff. Auch in der von Liminski aufgegriffenen christlichen Tradition wird etwa die Polygamie keinesfalls verurteilt – siehe Jakob, der im Alten Testament die Häupter der späteren 12 Stämme mit Rahel und Lea, beides Schwestern, sowie mit deren beiden Dienerinnen zeugte. Ebenfalls wurden Ehen zwischen Katholiken und Protestanten noch vor nicht zu langer Zeit von Kirche und Gesellschaft verurteilt. Somit würde ich in einer Debatte dieser Art doch wohl eher von einer Begründung durch „Natürlichkeit“ aufgrund christlicher Tradition abraten, denn wie das Beispiel der Ehen zwischen Katholiken und Protestanten zeigt, entwickelt sich die Gesellschaft.

Mirjam Wiedemann, Ulm

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen