© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/12 07. September 2012

Grüße aus London
Fehlzündung der BBC
Derek Turner

Am 27. August lief auf dem traditionsreichen Sender BBC die neue Comedy-Serie „Citizen Khan“ an. Drehbuchautor Adil Kay hat sich die Hauptrolle des selbstgefälligen Geschäftsmanns und selbsternannten Meinungsführers, der mit seiner Frau und zwei Töchtern in einer gutbürgerlichen Vorstadt von Birmingham lebt, selber auf den Leib geschrieben. Es ist die erste solche Sendung, die sich vor allem an die stetig wachsende Zielgruppe britischer Muslime (gegenwärtig etwa zwei Millionen) richtet. 3,6 Millionen Zuschauer sahen die erste Folge. 700 legten daraufhin förmliche Beschwerden bei der BBC ein: Die neue Sendung mache „sich über den Islam lustig“, fördere „islamophobe Stereotypen“ und lasse den gebotenen „Respekt vor dem Koran“ vermissen.

Diese Vorwürfe erscheinen selbst aus der Sicht sehr frommer Muslime übertrieben. Kritik hagelte es vor allem wegen einer Szene, in der eine der beiden Töchter ihre westliche Frisur schnell unter einem Hidschab versteckt und so tut, als lese sie eifrig den Koran, als sie ihren Vater kommen hört. Laut einem Sprecher der BBC werden diese Beschwerden von einer zentralen Stelle organisiert – das könnte sogar stimmen. In jedem Fall nimmt man die Anschuldigungen sehr ernst, und die nervös gewordene Rundfunkaufsichtsbehörde Ofcom wird diesbezüglich eventuell Ermittlungen aufnehmen.

Der Begriff „Islamophobie“ erweist sich regelmäßig als durchschlagendes Argument, seit 1996 die „Commission on British Muslims and Islamophobia“ ins Leben gerufen wurde. Der damalige Innenminister Jack Straw veröffentlichte die Ergebnisse des Ausschusses im November 1997 in einem Bericht unter dem Titel „Islamophobie: Eine Herausforderung für uns alle“. Angesichts des gegenseitigen Mißtrauens zwischen britischen Muslimen und ihren Mitbürgern ist dies offensichtlich ein äußerst heikles Thema. Einer Umfrage aus dem Januar 2010 zufolge lehnten 55 Prozent von 4.486 Befragten den Bau einer Moschee in ihrer unmittelbaren Umgebung ab. Nur fünfzehn Prozent waren gegen den Bau einer Kirche.

Derweil hatten zahlreiche Medienkommentatoren, darunter auch Muslime wie Tez Ilyas (Huffington Post) und Arifa Akbar (Independent), etwas vollkommen anderes an der Sendung auszusetzen – daß sie mit ihren lahmen Gags und wenig originellen Charakteren einfach nicht witzig sei.

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