© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/12 07. September 2012

Krokodile und Echsen auf dem Drachenfels
Restaurierung: Die Nibelungenhalle in Königswinter wird denkmalgerecht saniert / Noch fehlt Geld
Claus-M. Wolfschlag

Der Drachenfels in Königswinter ist als Ausflugsziel bei Reisenden beliebt. Wandert man den 321 Meter hohen Berg bis zum historistischen Schloß Drachenburg und zur mittelalterlichen Burgruine hinauf, eröffnet sich Freunden der Rheinromantik ein idyllischer Blick auf das Flußtal und die am gegenüberliegenden Ufer liegende einstige Bundeshauptstadt Bonn. Weniger bekannt ist die kleine Attraktion auf halber Höhe des Gipfelweges: die Nibelungenhalle.

Eröffnet wurde das tempelartige Gebäude im Juni 1913 zum hundertsten Geburtstag des Opernkomponisten Richard Wagner. Zwei Berliner Architekten, Werner Behrendt und Hans Meier, lieferten den Entwurf. Mit finanzieller Unterstützung der Berliner Richard-Wagner-Gesellschaft fungierte der bekannte symbolistische Maler Hermann Hendrich als Bauherr.

Der 1854 geborene Hendrich galt zu Beginn des 20. Jahrhunderts als einer der bedeutenden malerischen Interpreten der Wagner-Opern, und so diente auch die Nibelungenhalle dazu, die Gemälde des Künstlers der Öffentlichkeit im stilvollen Rahmen zu präsentieren. Seitenfenster zeigen die links- und rechtsläufige Swastika als Symbol der unter- und aufgehenden Sonne. Runenschrift, Reliefs des Königswinterer Bildhauers Franz-Josef Krings zieren das Eingangsportal.

In der düsteren und mit Wagnermusik beschallten Haupthalle kann man neben dem aufwendigen Teppich „Die Nornen an der Weltesche“ und einem Wagner-Gedenkstein Hendrichs Bilder bewundern: zahlreiche wandfüllende Gemälde zum „Ring der Nibelungen“ in den Raumnischen und zu „Parsifal“ in der Apsis sowie zahlreiche in den Raum verstreute kleinere Leinwandarbeiten.

Ursprünglich beherbergten vier Kunsttempel das Werk des 1931 verstorbenen Symbolisten, doch die Riesengebirgshalle im schlesischen Schreiberhau mit Bildern zum Wotan-Rübezahl-Mythos und die Halle Deutscher Sagenring in Burg an der Wupper wurden Opfer des Zweiten Weltkrieges. Es überlebten bis in heutige Tage nur die Walpurgishalle in Thale und die Nibelungenhalle, in die seinerzeit auch Gemälde aus der Halle Deutscher Sagenring rechtzeitig ausgelagert werden konnten.

Die Halle aber hat nun mit Bauschäden zu kämpfen, die ihren Ursprung in der durch den Ersten Weltkrieg bedingten Geldnot haben. Viele Arbeiten konnten überhaupt erst von Karl Hoth, einem Kunstfreund Hendrichs, beendet werden, nachdem die Halle 1916 in dessen Besitz übergegangen war. War unter anderem ursprünglich geplant gewesen, die Kuppel des seinerzeit hochmodernen Betonbaus mit einer Kupferdeckung zu schützen, so wurde damals aufgrund Geldmangels darauf verzichtet. Seitdem wurde das Dach immer nur provisorisch und mit Dachpappe gesichert. Hinzu kamen kleinere Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg.

All das führte dauerhaft zu massiven Schäden im Inneren. Das Bodenrelief, eine sechzig Meter lange Midgardschlange, und die Wandgemälde wurden durch eintretendes Wasser stark angegriffen. 1930 hatte Bernhard Juchmann, ein Wagner-begeisterter Bekannter Hendrichs, die Halle übernommen und ließ 1933 die Drachenhöhle bauen. Durch einen halbdunklen Gang gelangt man an einen Teich mit der steinernen Drachenfigur „Fafner“ aus Wagners Oper „Siefried“.

1958 gründeten Bernhard Juchmann und seine Frau Elisabeth den angeschlossenen Reptilienzoo, um die Unterhaltung der Nibelungenhalle zu sichern, die ständige Kosten verursachte. „Der Drachenfels wird ja seit alten Zeiten mit der Siegfriedsage in Zusammenhang gestellt. Da lag es nahe, einen Zoo mit ‘lebenden Drachen’ zu gründen“, so Tochter Marlies Blumenthal, die die Halle 1990 übernahm.

Aus der außergewöhnlichen Idee wurde längst eine Lebensaufgabe. Machte der Alligator „Heinrich“ den Anfang, so finden sich nun in der angeschlossenen Reptilienhalle etwa zwölf Krokodile, 60 unterschiedlichste ungiftige Schlangenarten, Leguane, Echsen, tropische Spinnen und Vögel. „Letztlich dient der Reptilienzoo hauptsächlich dazu, die Nibelungenhalle zu erhalten. Sie zieht eine weit höhere Besucherzahl an als die Hendrich-Gemälde. Das muß man klar erkennen“, erklärt Blumenthal. Dennoch reichten die Einnahmen und das Vollzeit-Engagement der Besitzerin finanziell nie dazu, die Bauschäden nachhaltig zu beseitigen.

Nachdem Blumenthal bislang vergeblich für die Umsetzung ihrer umfangreichen Sanierungspläne gekämpft hat, kommt nun Bewegung in die denkmalgerechte Restaurierung.

So beschloß der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages im Mai, daß sich der Bund an einer Sanierung mit Mitteln in Höhe von 300.000 Euro beteiligt. Die Kosten für den ersten Bauabschnitt, der endlich das Kuppeldach fertigstellen und damit den weiteren Eintritt von Niederschlagswasser verhindern soll, werden auf 430.000 Euro geschätzt. Dabei werden wohl auch die zwölf ovalen Fenster, die Lichthöfe über den Gemälden und die Apsis restauriert.

130.000 Euro müssen also vom Denkmalschutz und aus Marlies Blumenthals eigener Tasche finanziert werden. Da die Besitzerin keine Spenden annehmen darf, kann man sie durch das Eintrittsgeld beim Besuch der Halle unterstützen. Ebenso ist es möglich, an den Förderverein „Nibelungen-Hort“ aus Billerbeck zu spenden, da dieser seine Hilfe bei dem Restaurierungsvorhaben angekündigt hat.

Trotzdem sie sich noch in Verhandlungen über die Zwischenfinanzierung befindet, ist Marlies Blumenthal guter Laune und hofft, nun den Schritt zur Erhaltung eines einzigartigen Kulturdenkmals zu schaffen. Seit Juli haben erste Sichtungsarbeiten begonnen, ein Rollgerüst wurde aufgebaut.

Weitere Informationen im Internet:

 www.nibelungenhalle.de

 www.nibelungen-hort.de

Foto: Nibelungenhalle in Königswinter bei Bonn: Das Bodenrelief und die Wandgemälde wurden durch eintretendes Wasser stark angegriffen

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