© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/12 14. September 2012

JF-Reporter Billy Six in Syrien festgesetzt
In der Gewalt von Rebellen
Dieter Stein

Ein Reporter in Lebensgefahr. Vier syrische Rebellen zerren den jungen Journalisten in ein Auto und rasen durch Maarat, eine Stadt südwestlich von Aleppo. Billy Six (25) berichtet exklusiv für die JF aus der von Freischärlern umkämpften nordsyrischen Region. Ein Himmelfahrtskommando, wie jetzt klar wird. Six wird in ein Verlies gezerrt. Die vier Kämpfer ordnen sich selbst dem Terrornetz al-Qaida zu und wollen ihn töten, falls sich herausstellen sollte, daß er ein „Spion“ sei. Sein Gepäck wird gefilzt, sein Laptop durchstöbert. Über 24 Stunden wird er in einer Zelle festgehalten. Stundenlange Verhöre. Dann die Erlösung: Billy Six ist wieder frei. Recherche auf Leben und Tod.

Ob im Irak, Afghanistan, Libyen oder jetzt Syrien. Wenn aus Kriegsregionen berichtet wird, sitzen Korrespondenten großer deutscher Zeitungen und Fernsehsender nicht selten Hunderte von Kilometern entfernt in klimatisierten Hotelzimmern, sehen fern, verfolgen CNN oder Al-Dschasira – und verfassen dann Berichte, die sie auch von Berlin oder Hamburg aus hätten schreiben können. Es sind nur wenige hartgesottene Reporter, die sich selbst auf den Weg machen und an die Fronten des Krieges durchkämpfen, um aus erster Hand zu berichten. Billy Six ist einer von ihnen.

Der aus Neuenhagen bei Berlin stammende Six bereiste erstmals kurz nach dem Abitur auf eigene Faust Afrika. Von Berlin aus ging es per Anhalter über den Balkan bis Alexandria und dann nach Süden bis Kapstadt. Seitdem läßt ihn das Fieber nicht los, Gegenden zu erkunden, die fernab gesicherter Tourismusrouten liegen. Als der „Arabische Frühling“ ausbrach, stand er auf dem Tahrir-Platz in Kairo und berichtete exklusiv für die JUNGE FREIHEIT. Nach Beginn des Bürgerkrieges in Libyen schlug er sich von Ägypten aus in das Nachbarland durch. Er ging in Krankenhäusern den von Agenturen vermeldeten Opferzahlen nach, um immer wieder festzustellen, wie auf allen Seiten – Rebellen wie Regierungsarmee – gelogen wird, aber auch wie die meisten Medien unkritisch Falschmeldungen verbreiten.

Bereits in Ägypten und Libyen machte Six Erfahrungen mit den Risiken als Kriegsreporter, wenn er von Sicherheitskräften und Rebellen festgehalten und verhört wurde. Schnell kommt ein europäischer Reporter in den Verdacht, „Agent“ des CIA oder des israelischen Geheimdienstes Mossad zu sein. Dann wird nicht mehr lange gefackelt.

Als der Bürgerkrieg in Syrien ausbrach, zog es Billy Six dennoch wieder fort. Er versuchte über die Türkei nach Syrien einzureisen. Schon die Einreise wurde zum Abenteuer, als ihn Grenzer trotz Visum den Zutritt versagten. Six kroch kurzerhand mit Rebellen durch ein Loch im Grenzzaun und bewegt sich seit Mitte August im Norden Syriens. Sein unbändiger Wille: den JF-Lesern berichten, was wirklich geschieht.

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