© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/12 14. September 2012

Die Energiewende ist schon gescheitert
Wirtschaftsliteratur: Wind, Sonne und Biomasse allein gewährleisten keine stabile Stromversorgung / Eine Abrechnung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
Christian Bartsch

Die Strompreise steigen und steigen – ein Grund dafür ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Es verpflichtet alle Energieversorger dazu, Strom aus Quellen wie Wind, Sonne oder Geothermie ins Netz einzuspeisen. Die im Vergleich zu herkömmlichen Strom vielfach höheren Vergütungen müssen die Stromkunden tragen. Durch diese EEG-Umlage – derzeit 3,5 Cent pro Kilowattstunde (kWh), ab 2013 wohl fünf Cent – flossen 2011 etwa 16,4 Milliarden Euro an die Betreiber von Wind- und Photovoltaikanlagen oder Biogasanlagen. Weitere Kostensprünge sind absehbar, denn während die EEG-Vergütung für Solarparks in den vergangen acht Jahren von 45 Cent/kWh auf 12,5 Cent/kWh gesenkt wurde, soll der Ausbau der teuren Offshore-Windenergie jetzt erst richtig beginnen. Allein durch den zusätzlichen Netzausbau, um den Strom von Nord- und Ostsee nach Süden zu transportieren, kommen laut Berechnungen des Rheinisch-Westfälische Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) Zusatzkosten von rund 20 Milliarden Euro auf die Verbraucher zu.

Das EEG ist auch keine rot-grüne Erfindung, sondern bereits unter Kanzler Helmut Kohl trat das Stromeinspeisungsgesetz in Kraft, unter Gerhard Schröder wurde dann das daraus entwickelte EEG umgesetzt. Der promovierte Ingenieur Günter Keil hat den Werdegang des EEG und seine Auswüchse in seinem Buch „Die Energiewende ist schon gescheitert“ nachgezeichnet. Es ist wie im „einzig wahren, real existierenden Sozialismus“, schreibt der frühere Mitarbeiter des Bundesforschungsministerium, niemand wage es, für die sofortige Streichung des EEG einzutreten. Und mit der von Angela Merkel nach Fukushima verkündeten „Energiewende“ scheint das EEG völlig sakrosant.

Jedem Fachmann ist klar, daß allein mit Wind, Sonne und Biomasse Deutschland nicht mit zuverlässiger Energie versorgt werden kann. Ohne konventionelle Kraftwerke, die künftig nur dann gefragt sind, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, bricht das Energiesystem zusammen. Die EEG-Befürworter ignorieren, daß Kohle- und Gaskraftwerke als „Lückenbüßer“ unwirtschaftlich laufen und daß eine Abdeckung der Grundlast mit „erneuerbaren“ Energien nicht möglich ist.

Bis zu Merkels atomarem Kurswechsel standen der „Klimaschutz“ und das CO2 im Mittelpunkt der Regierungspolitik. Doch die Kraftwerke werden künftig mehr Kohlendioxid in die Luft blasen als zuvor. Keil hat das mit Zahlen unterlegt: Allein in den drei Monaten des Atommoratoriums 2011 seien in Deutschland etwa acht Millionen Tonnen CO2 zusätzlich emittiert worden.

Die gesamte CO2-Problematik wird von Keil allerdings nicht hinterfragt. Er beschränkt sich auf die „Energiewende“ und ihre Folgen: „Die Feststellung, daß buchstäblich alle in den Energiewende-Gesetzen angestrebten Ziele nicht erreichbar sind, bedeutet, daß dieser energiepolitische Kurswechsel bereits jetzt gescheitert ist. In keinem der für die sichere Stromversorgung relevanten Themenfelder bestehen auch nur geringe Erfolgschancen für die Zielerreichung.“ Und weiter: „Die im Energiesektor ausufernde, die Wirtschaft schwer schädigende Plan-Mißwirtschaft wird nach einigen Jahren spektakulär scheitern, weil ihre wirtschaftlichen und sozialen Kosten untragbar geworden sind.“

Am Schluß des Buches steht ein Satz des Energieexperten Helmut Alt von der FH Aachen: „Die deutsche Politik hat Energie zum Luxusgut erklärt. Die Ärmsten werden es zuerst zu spüren bekommen, aber die haben keine Lobby.“

Günter Keil: Die Energiewende ist schon gescheitert. TVR Medienverlag, Jena 2012, gebunden, 136 Seiten, 14,90 Euro

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