© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/12 14. September 2012

Aufgeschnappt
Linke Zensurphantasien
Matthias Bäkermann

Rassismus in einer Kultureinrichtung“, das erzürnt momentan mitteldeutsche Aktivisten von Linksaußen. Grund ist die Präsenz unerwünschter Bücher in der Stadt- und Regionalbibliothek Frankfurt/Oder. Diese besitzt nämlich in ihrem Bestand Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“. Obwohl „Sarrazins bisweilen höchst zweifelhafte Thesen zu keinen tiefgründigen Diskussionen führten“, weiß der gut verlinkte linke Blog Lauter Bautz‘ner, stünde das Werk „sogar zwei Mal“ im Regal. Daß dann auch Udo Ulfkotte, „ein anderer Held der antimuslimischen Prosa“ mit „gleich vier Büchern im Bestand“ vertreten ist, schlägt für die Meinungswächter dem Faß den Boden aus.

Auch wenn sich ärgerlicherweise „die bibliothekarischen Berufsverbände am Artikel 5 (‘Eine Zensur findet nicht statt’) des Grundgesetzes orientieren, könnte bspw. der Oberbürgermeister (...) eine Weisung an die Bibliotheksleitung herausgeben, daß entsprechende Medien nicht bestellt werden“, schlagen die linken Hobby-Juristen vor, „denn schließlich gelten Stadtbibliotheken rein verfassungsrechtlich nicht als verwirklichende Institution des Artikel 5 GG“. Daß diese Idee Schule macht, kann bereits der eifrige Kommentator „MüllerLüdenscheid“ als Siegesmeldung verkünden: „Die Bibliothekarin meiner kleinen Heimatstadt hat das Sarrazin-Buch nicht in das Regal gestellt.“

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