© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/12 21. September 2012

Huch, die Strompreise steigen
Keine Gutachten gelesen
Ronald Gläser

Die Kanzlerin wurde bei ihrem bizarren Auftritt vor der Bundespressekonferenz am Montag auch zu den ausufernden Strompreisen befragt. Jeder weiß, warum die Preise steigen: weil immer mehr Ökostrom produziert wird, den die Verbraucher teuer bezahlen müssen, ob sie diesen Strom nun wollen oder nicht. Nur die deutsche Regierungschefin ist plötzlich überrascht, daß mehr teurer Ökostrom auch höhere Strompreise bedeutet. Sie sagte: „Ich habe in den ganzen Prognose-Gutachten gelesen, was bis 2020 passieren kann. Jedes dieser Szenarien hat gesagt: Die EEG-Umlage bleibt unter vier Cent pro Kilowattstunde.“

Hier die Wahrheit: Schon 2010 haben die Netzbetreiber gewarnt, daß bis 2012 die EEG-Umlage auf bis zu 4,4 Cent steigt. Plus: In einer Studie der Verbraucherzentrale wurde vor Mehrkosten in Höhe von vierzig Milliarden Euro gewarnt. Das war alles lange vor Merkels unsinniger Energiewende bekannt und stand nicht nur in dieser Zeitung.

Angela Merkel hat als Oppositionsführerin eine Erneuerung der Marktwirtschaft versprochen. Sie weiß als frühere DDR-Bürgerin aus eigener Anschauung, daß Planwirtschaft ins Elend führt. Und doch hat sie mit der Energiewende den Weg in die Staatswirtschaft beschleunigt. Wenn sie nun die Auswirkungen dieser Politik als nicht vorhersehbar bezeichnet, dann ist das ein extremer Fall von Realitätsverleugnung. In ihrem Fall ist das besonders schlimm, denn sie weiß es wirklich besser.

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