© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/12 21. September 2012

Erinnerung an politische Verfolgung
Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus: Ausstellungen im Menschenrechtszentrum
Georg Thiele

Mit fünf Sonderausstellungen startete das Menschenrechtszentrum Cottbus seinen ersten öffentlichen Auftritt nach einjährigen vorbereitenden Bauarbeiten. Schon die Titel der Expositionen sprechen Bände: „Gewalt hinter Gittern. Gefangenenmißhandlungen in der DDR“ – „Von Liebe und Zorn. Jung Sein in der Diktatur“ – „Freiheit und Zensur. Filmschaffen in der DDR zwischen Anpassung oder Opposition“ – „Eingesperrt … U-Haft bei der Staatssicherheit“ und „Einblicke in das Zuchthaus Cottbus“. Die Ausstellungen wollen das Interesse an dem, was Menschen in der DDR erdulden mußten, wenn sie anderer Meinung als das Regime waren, wecken.

Um dies zu ermöglichen, hatten sich ehemalige politische Häftlinge 2007 in einem Verein zusammengeschlossen. Der zählt mittlerweile über 130 Mitglieder und legt großen Wert auf seine parteipolitische und staatliche Unabhängigkeit. Die öffentliche Hand soll auch bei einem Regierungswechsel keinen Einfluß auf das Projekt nehmen. Viel politische Prominenz war erschienen, als der Vereinsvorsitzende und Potsdamer CDU-Landtagsabgeordnete Dieter Dombrowski (61) in kurzen Worten der Stadt Cottbus, dem Land Brandenburg und dem Bund für die gewährte Unterstützung dankte und damit schloß, es ginge nicht darum, alte Rechnungen zu begleichen, sondern in der Zukunft derartige Zustände zu unterbinden.

Um etwas Geld in die klamme Vereinskasse zu bringen, hatte Wolf Biermann sich bereit erklärt, ein Benefizkonzert zu veranstalten. Etwa 350 Besucher waren gekommen, um für 20 Euro das Konzert zu hören und das Projekt zu unterstützen.

Sie wurden nicht enttäuscht. Zu jedem seiner Lieder erzählte Biermann eine kleine Geschichte oder Anekdote; zum Beispiel sei das Lied „Da laß Dich nicht verhärten“ nun in schwedischer Übersetzung Teil des Gesangbuches der evangelischen Kirche Schwedens geworden, und das sei ja „das Größte“, was ein Gottloser wie er erreichen könne. Zynische Heiterkeit konnte sicher auch die Stasiballade erregen, zu der Biermann erzählte, seine wahren Fans saßen im Politbüro, denn sonst hätte die Stasi ja nicht die Wanzen in seiner Wohnung anbringen müssen, um die Lieder noch vor den ersten öffentlichen Auftritten mitsummen zu können.

Das bereits 1860 errrichtete Zuchthaus Cottbus diente seit jeher als Gefängnis. Die Dauerausstellung der Gedenkstätte über die politische Haft in der NS- sowie SBZ/DDR-Zeit unter dem Motto „Freiheit, Würde, Rechtsstaat – politische Verfolgung 1918–1989“ soll 2013 fertiggestellt sein.

Kontakt: Menschenrechtszentrum Cottbus e.V., Bautzener Straße 140, 03050 Cottbus, Telefon: 03 55 / 290 13 30

www.menschenrechtszentrum-cottbus.de/

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