© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/12 21. September 2012

Frisch gepresst

Vordenker. Der dritte, den konservativen „Vordenkern“ gewidmeten Band des „Staatspolitischen Handbuches“ präsentiert mit knappen Biographien bekannter Namen (Heidegger, Jünger, Schmitt, Gehlen, Freyer) viele zu Unrecht vergessene Köpfe wie den weit ausgreifenden Systematiker und Kirchenhistoriker Emanuel Hirsch, der sich nach 1945 stur jeder Umerziehung widersetzte, oder den bedeutenden, wegen seiner Mitarbeit beim „SS-Ahnenerbe“ in der BRD akademisch ausgegrenzten Ethnologen Werner Müller, für den Thomas Bargatzkys Artikel in so unwiderstehlicher Weise wirbt, daß der Lesehunger sich sofort auf dessen (antiquarisch seltenes) Hauptwerk „Die heilige Stadt“ (1961) richtet. Betrüblich ist allein, daß in dieser Reihe von Autoren, die ausgesucht wurden, weil sie der „konservativen Sache wichtige Impulse gegeben haben“, ein Sprachgewaltiger fehlt, dessen Deutsch „der Welt ein Schauspiel bietet“ (Mose­bach). Dieser Hausgott der hier berücksichtigten Schriftsteller Martin Mosebach und Botho Strauß ist niemand anders als der aus dem Königsberger Judentum der „Kreuznahme“ stammende Rudolf Borchardt (1877–1945). (dg)

Erik Lehnert, Karlheinz Weißmann (Hrsg.): Vordenker. Staatspolitisches Handbuch, Band 3. Edition Antaios, Schnellroda 2012, gebunden, 253 Seiten, 15 Euro

 

Däubler & Schmidt. Die Sprachgroßmacht Arno Schmidt (1914–1979) „las Bücher nicht einfach, sondern er fraß sie“, wie Friedhelm Rathjen, ein Zampano des Bargfelder Dechiffrierkartells, treffend feststellt. Früh ganz oben auf der Speisekarte dieses „Bücherfressers“ stand das 30.000 Verse umfassende „Nordlicht“-Epos des „Kosmikers“ Theodor Däubler (1876–1934). Wie nachhaltig die „Nordlicht“-Lektüre des schlesischen Gymnasiasten den erst 1949 debütierenden großen Außenseiter der deutschen Nachkriegsliteratur beeinflußte, versucht Ulrich Klappstein in einer Inspektion der „Däubleriana“ in Schmidts Prosameeren zu ermitteln. Obwohl skizzenhaft, zudem wichtige, vom Däubler-Verehrer Carl Schmitt schon 1916 genannte Bezugsgrößen wie Görres, Fourier, Proudhon und Bachofen sowie den Pansexualisten Otto Gross nur kursorisch behandelnd, vermittelt Klappsteins Rezeptionsstudie scharfe Nahaufnahmen vom stets neu verblüffenden Beziehungsreichtum in Schmidts Textkorpus. (wm)

Ulrich Klappstein: „Nordlichter“. Theodor Däubler im Werk Arno Schmidts. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2012, gebunden,140 Seiten, 19,80 Euro

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