© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/12 28. September 2012

Zeitschriftenkritik: Blaue Narzisse
Alternative Rechte
Henning Hoffgaard

Black Metal als konservative Bewegung? Black Metal als Speerspitze im Kampf gegen die Grundpfeiler der Beliebigkeitsgesellschaft? Einem Konservativen alter Schule, der vor allem klassische Musik hört und schon AC/DC für „Krach“ hält, dürften solche Thesen nur schwer einleuchten. „Black Metal“, schreibt Wolf-Dieter Lassotta in der zweiten Ausgabe der Plakatzeitschrift des Jugendmagazins Blaue Narzisse, „steht für die Suche nach der eigenen Tradition und Auseinandersetzung mit sich selbst“. Treffend beschreibt er die Entwicklung dieser stets unter dem Verdacht des Rechtsextremismus stehenden Musiksparte. Die Zeit der schwulenermordenden, kirchenanzündenden Spinner ist längst vorbei. Der Black Metal bleibe im „intelligenten Sinn“ eine kulturelle Nische mit gehörigem Faszinations- und Irritationspotential, resümiert Lassotta. Das identitäre Potential des Genres verbinde sich mit dem „bewußten Wunsch“ vieler Jugendlicher, der als heuchlerisch empfundenen Moderne etwas entgegenzusetzen.

Starke Worte. Wer sich jedoch mal ein Black-Metal-Konzert oder ein Album der Bands Marduk und der kommerziell erfolgreichen britischen Combo Cradle of Filth anhört, bekommt schnell mit: Für Weltverbesserer der Generation „Vegan“ ist die Musik definitiv genausowenig etwas wie für Freunde der Klassik.

Mit dem Artikel gibt die Blaue Narzisse die Marschrichtung ihrer in einer gewöhnungsbedürftigen und etwas unhandlichen A1-Aufmachung erscheinenden neuen Schwerpunktausgabe vor. In der geht es vor allem um konservative und rechte Jugendbewegungen in Deutschland und Europa. Passend dazu gibt es einen Bericht aus Spanien, der sich mit dem Scheitern der „Bewegung 15. Mai“ in Spanien auseinandersetzt. Den großangelegten Protesten, so schildert es Carlos Wefers Verastegui, seien jedoch kaum reale Veränderungen gefolgt. Die Bewegung sei an ihrer Unfähigkeit, starke Strukturen zu schaffen in endlosen Diskussionen über „Rätedemokratie“ versandet.

Und wie sieht es in Deutschland aus? Der Chefredakteur der aus einer Chemnitzer Schülerzeitung hervorgegangenen Zeitschrift, Felix Menzel, versucht sich an der Definition einer ganz neuen Jugendbewegung. „Konservativ“ und „Neue Rechte“ waren gestern. Menzel will die „alternative Rechte“. Deren Kennzeichen seien die Verteidigung der europäischen Kultur, die Bewahrung christlich-abendländischer Tradition und die Orientierung an „hochaktuellen Themen“. Wie das publizistisch umgesetzt werden kann, beweist ein sehr lesenswerter Aufsatz über die Probleme der Schulpflicht in Deutschland.

Im Kontrast dazu steht der eine oder andere zum Kulturpessimismus neigende Beitrag. Auch stilistisch gilt: Weniger ist eben doch mehr. Der aufgeladene und hochgestochene Schreibstil einiger Autoren birgt die Gefahr, die potentielle Leserschaft auf einen überschaubaren Kreis zu begrenzen, der mit Gottfried Benn und Clemens Brentano vertraut ist. Klar ist jedoch: Viele konservative Jugendliche sind es nicht. Trotz dieser kleinen Abstriche ist eine Lektüre der nun alle drei Monate erscheinenden Zeitschrift, unabhängig vom Alter, empfehlenswert.

Kontakt: Verein Journalismus und Jugendkultur Chemnitz e.V., Telefon: 0371 / 45 00 57 61, E-Post: redaktion@blauenarzisse.de

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