© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/12 05. Oktober 2012

Das Deutsche Reich in Übersee: Kein kolonialrechtlicher Sonderweg
Das Böse unter der Sonne
(ob)

Die britische Kolonialherrschaft sei wenigstens noch durch „eine Art von Basislegalität“ gezähmt worden, während die Administration in den deutschen Kolonien und die exekutiven Autoritäten im Reich keinen rechtlichen Bindungen unterworfen gewesen seien. Als „Beweis“ kolportiert Felix Hanschmann in seiner Studie über „Recht, Rechtswissenschaft und koloniale Expansion des Deutschen Reiches“ (Kritische Justiz, 2/2012) eine empirisch schlecht abgesicherte Behauptung des Konstanzer Historikers Jürgen Osterhammel, um zugleich einzuräumen, britische Kolonialherren hätten mit „rechtsstaatlichen Prinzipien“ nichts im Sinn gehabt. Die Niederländer auf Java, die Franzosen in Nord-afrika oder die im Kongo vor Völkermord nicht zurückschreckenden Belgier übrigens auch nicht, hätte er hinzufügen können, um sein zwar karrieretaugliches, aber wissenschaftsfreies Konstrukt vom deutschen kolonialen Sonderweg selbst zum Einsturz zu bringen. Auch sonst bietet Hanschmanns Aufsatz wenig Substanz, da weder die Information über das publizistische Engagement deutscher Kolonialrechtler neu ist, die um 1900 taten, was Juristen in allen politischen Systemen tun, nämlich den Status quo zu festigen, noch wird die These bestätigt, die „rassistische Politik“ in Übersee habe das Reichsrecht beeinflußt, da er kleinlaut einräumen muß, für eine „direkte Rückwirkung“ fände sich „kein Beleg“. (ob)

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