© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/12 12. Oktober 2012

Frisch gepresst

Peter Scholl-Latour. Was haben Zarin Katharina II. und Kanzlerin Angela Merkel gemeinsam? Wenn es nach Peter Scholl-Latour geht, einiges: Selbstbeherrschung, Machtinstinkt und die „scheinbar unbegrenzte Belastbarkeit“ zum Beispiel. Allerdings mit einer Ausnahme. Merkel hat im Gegensatz zu Katharina der Großen ihre politischen Gegner nicht umbringen lassen. Dennoch ist es ihr mit „beinahe unheimlicher List“ gelungen, alle potentiellen Rivalen „auszuschalten“ oder an die „Wand zu spielen“. Scholl-Latour überrascht in seinem neuen Werk „Die Welt aus den Fugen“, denn er berichtet in einer Serie von Kommentaren, TV-Dokumentationen und Interviews nicht nur gewohnt kenntnisreich von den Brennpunkten dieser Welt. Er kehrt vor allem mit großem Besen vor der eigenen Haustür. Die „Torheiten der Europäer“, die „Ohnmacht und Anmaßung des Westens“ sind demnach nichts gegen die „Heuchelei“ und „gezielte Irreführung“, die zur Leitlinie deutscher respektive westlicher Außenpolitik zu werden drohe. Dies, so der Altmeister der politischen Publizistik, „widere“ ihn an. (ctw)

Peter Scholl-Latour: Die Welt aus den Fugen. Betrachtungen zu den Wirren der Gegenwart. Propyläen Verlag, Berlin 2012, gebunden, 388 Seiten, 24,99 Euro

 

Israelkritik. Wer in antiisraelischen Ressentiments schwelgen möchte, ist bei Tamar Amar-Dahls neuem Buch an der richtigen Adresse. Die Autorin versucht, ausgehend von den historischen Wurzeln des Zionismus, diesen als exklusivistische Säkularreligion im Gewand kolonialer Überheblichkeit zu porträtieren. Ihr kulturmarxistischer Ansatz liefert dabei die erwartbaren Ergebnisse: Israel stellt sie als militaristischen Staat dar, für den Krieg integraler Bestandteil seines Selbstverständnisses ist. Die Schuld an vergangenen und gegenwärtigen Konflikten in der Region sieht die Deutsch-Israelin, die infolge des Libanon-Kriegs 2006 aus Protest ihren israelischen Paß zurückgab, dieser Logik folgend natürlich einzig bei Israel. Durchaus berechtigt prangert sie die enge Verflechtung von Staat, Armee und Geheimdiensten an. Aber, statt von diesen Fragwürdigkeiten ausgehend, Demokratiedefizite konkreter herauszuarbeiten, spricht sie Israel unreflektiert seinen demokratischen Charakter ab. Amar-Dahls Fazit ist dabei eindeutig: Israel hat als exklusiv jüdischer Staat keine Existenzberechtigung! (tb)

Tamar Amar-Dahl: Das zionistische Israel. Jüdischer Nationalismus und die Geschichte des Nahostkonflikts. Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2012, 256 Seiten, broschiert, 24,90 Euro

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