© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/12 26. Oktober 2012

Bundestag einigt sich auf neues Wahlrecht
Aufgebläht
Paul Rosen

Wenn die Bevölkerung zahlenmäßig so wachsen würde, wie es für die Politikerklasse prognostiziert wird, müßten wir uns wegen der Demographie keine Sorgen machen. Aber Scherz beiseite: Die geplante Aufblähung des Bundestages von 620 auf 671, vielleicht sogar über 700 Abgeordnete, ist durch nichts zu begründen. Weder werden wegen der nach Brüssel verlagerten Kompetenzen so viele Abgeordnete gebraucht, noch läßt sich in so einem großen Parlament noch Politik machen. Organisiert würden hier allenfalls Mehrheiten für plakative Anträge zur Rettung von Euro, Energiewende und Weltfrieden. Entschieden wird – und das ist das eigentliche Drama der deutschen Nachkriegsdemokratie – längst woanders, nämlich in nächtlichen Brüsseler Kungelrunden.

Dem Wähler wird Honig um den Mund geschmiert. Seine Stimme, so heißt es von den Fraktionen, soll genausoviel wert sein wie die Stimme seines Nachbarn. Deshalb müßten die das Ergebnis verzerrenden Überhangmandate durch weitere Mandate ausgeglichen werden.

Gleich viel wert sein sollen natürlich nur die Stimmen der eigenen Wähler. Daß vor drei Jahren 2,6 Millionen Stimmen (6,01 Prozent) im Papierkorb landeten, weil die gewählten Parteien unter fünf Prozent blieben, interessiert im Bundestag niemanden. Das Hemd war schon immer näher als der Rock.

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