© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/12 26. Oktober 2012

Wider den preußischen Untertan
Finanzpolitik: Der Ex-Verbandsfunktionär Karl Heinz Däke schildert, wie Bürokraten und Behörden Steuergelder verschwenden
Thorsten Brückner

Peer Steinbrück, inzwischen SPD-Kanzlerkandidat, nannte ihn einst einen Heini, der von Finanzen keine Ahnung hätte. Die Rede ist von Karl Heinz Däke, von 1994 bis Juni dieses Jahres Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Nach 43 Jahren Verbandstätigkeit hat sich der 69jährige „Don Quixote der Steuerbürger“ in den Ruhestand verabschiedet, nicht ohne allerdings mit seinem Buch „Die Milliardenverschwender – Wie Beamte, Bürokraten und Behörden unsere Steuergelder zum Fenster hinauswerfen“ den Finger noch einmal tief in die Wunde zu legen. Launig prangert er darin Korruption und Verschwendung von öffentlichen Geldern durch jene Politikerkaste an, die es sich auf die Fahne geschrieben hat, „durch Steuern steuern“ zu wollen.

Diese Steuerung nimmt durch immer neue Auflagen, Umsetzungsvorschriften und bürokratische Hindernisse immer bizarrere Formen an, und man ist sich als Leser nicht mehr sicher, ob man die vielen Beispiele für Steuerverschwendung in seinem Buch noch zum Lachen oder schon zum Weinen finden soll. Soviel zur Warnung: Wer glaubt, daß sein Obolus an den Fiskus in staatlich geförderten Nistplätzen für Mehlschwalben, der Züchtung bunter Biomöhren oder der Entwicklung von Lippenpflegestiften aus Torf gut angelegt ist, wird an dem Buch wohl wenig Freude haben.

Eine der Hauptursachen für die staatliche Verschwendung sieht Däke im Mangel an Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. In einem Boot weiß er sich hier mit dem Finanzexperten der FDP, Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms, der bei Däkes Buchvorstellung vergangenen Mittwoch in Berlin zur Podiumsdiskussion dabei war. Solms mußte sich vom Moderator auch gleich kritische Fragen zum Kurs der selbsternannten Steuersenkungspartei gefallen lassen. Solms Bekenntnis, die FDP sei in der Koalition mit der Union gescheitert, wirkte dabei schon fast wie ein Offenbarungseid.

Einigkeit herrschte zwischen Däke und Solms darin, daß die derzeitige Verschwendung von Geldern im System begründet liegt. Solms prangerte in diesem Zusammenhang die unter der ersten Großen Koalition beschlossene Mischfinanzierung an, die „heute nur noch von Dummköpfen gelobt“ würde.

Däke sieht hingegen besonders in der Vernachlässigung des Subsidiaritätsprinzips das Übel. „In Brüssel ist die Verschwendung am größten“, sagte er und nannte die im Buch näher ausgeführte EU-Seilbahnverordnung als Beispiel, die alle deutschen Bundesländer unter Androhung von Strafzahlungen zu entsprechender Gesetzgebung zwinge – auch dann wenn sie, wie Mecklenburg-Vorpommern, über keine einzige Seilbahn verfügen. Däke ergänzte, es sei ihm bei seiner Arbeit auch darum gegangen, bei der Bevölkerung überhaupt ein Gespür für die jährlichen Milliardenverschwendungen zu schaffen. Die Einrichtung einer Schuldenuhr zählt er dabei zu seinen größten Erfolgen, illustriert diese doch plastisch durch die Anzeige der sekündlich steigenden Neuverschuldung einen sonst höchst abstrakten Sachverhalt. Eine Antwort, wie man dem Treiben der Politik Einhalt gebieten könnte, hat Däke in seinem neuen Buch auch parat: Steuerverschwender wie Steuerhinterzieher bestrafen! Dafür bräuchte es aber einen Bewußtseinswandel unter den Steuerzahlern, wie der Moderator der Debatte, der Wirtschafts und Fernsehjournalist Günter Ederer sekundierte.

Die deutschen Steuerzahler verglich Ederer dabei mit „preußischen Untertanen, die sich wie Hausschweine hegen und pflegen lassen wollen“ und dafür im Gegenzug auch gegenüber staatlichem Ausgabenmißbrauch gerne mal beide Augen zudrücken. Genau das hat Däke in seinem Buch nicht getan und damit dem deutschen Steuerbürger eine beispielreiche Anklageschrift gegen die politische Klasse geliefert.

Karl Heinz Däke: Die Milliarden-Verschwender. Heyne Verlag, München 2012, 256 Seiten, gebunden, 19,99 Euro.

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