© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/12 26. Oktober 2012

Umwelt
Findige Ernährer
Michael Howanietz

Die Aufregung war groß, als mutmaßlich mit Noroviren verseuchte China-Erdbeeren tausende deutsche Schüler schwer erkranken ließ. Doch warum sollten ausgerechnet Billiglebensmittel aus dem Reich der Mitte bessere Qualitätsstandards erfüllen als Textilien, Möbel oder Spielzeug? Gefälschten Hühnereiern, gefärbten Erbsen oder gebraucht in Flaschen abgefülltem Speiseöl wurde bislang lediglich nicht so große mediale Aufmerksamkeit zuteil. Und China drängt mit Vehemenz auf den internationalen Nahrungsmittelmarkt. Die Einfuhren nach Deutschland liegen zwar nur bei zwei Prozent aller Lebensmittel­importe, doch die Zahl der Beanstandungen ist schon beträchtlich. Das EU-Schnellwarnsystem wies in diesem Jahr bereits über 260 Alarme aus – von Nudeln über Garnelen und Erdnüsse bis hin zu kandierten Früchten.

Das profitable Geschäft mit Fertigwaren wie Tomatenmark stößt bei chinesischen Exporteuren auf wachsendes Interesse – das birgt neue Gefahren. Sind die Kontrollen bei Frischwaren schon äußerst lückenhaft, so sind sie bei verarbeiteten Produkten noch lascher, da aufwendiger. Die chinesischen Bauern indes verhalten sich marktkonform: Für die eigenen Familien und hochrangige Funktionäre gibt es eigene Anbau- und Verarbeitungsbereiche, in denen Pestizide und Antibiotika dosierter als bei Exportprodukten angewendet werden. Wer nach Billigem fragt, kriegt Billiges geliefert. Es sind deshalb zunächst jene Anbieter gefragt, die in ihren Filialen Billigstware anbieten, um Gewinnspannen zu steigern. Die Politik hat für eine nachhaltige Stärkung der heimischen Landwirtschaft und eine vertrauenswürdige Herkunftskennzeichnung zu sorgen. Für Milchprodukte ist letzteres seit Jahren Pflicht, umfassendere Verbraucherinformationen wurden allerdings 2011 in den EU-Gremien abgeblockt. Krankmachende Importe wären dann jedoch rasch alles andere als „alternativlos“.

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