© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/12 02. November 2012

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück
Mann der fehlerhaften Tat
Rolf Dressler

Auf den Mund gefallen ist der forsche Mann nicht. Das gefällt nicht jedermann. Wohl auch deshalb zerreißen sich viele nun – pardon – das Maul über die satten Vielredner-Honorare des Peer Steinbrück. Wahlkampffutter eben. Doch gemach. Warum eigentlich hat es bis heute kaum jemanden ähnlich erregt, daß zum Beispiel der (unabhängige?) christdemokratische Europaabgeordnete Elmar Brok jahrelang „nebenamtlich“ ausgerechnet dem einflußreichen Welt-Medienriesen Bertelsmann als offenbar höchst wertvoller Brüsseler Spitzenlobbyist zu Diensten stand – für ein festes Jahressalär im sechsstelligen Bereich? Anschaulich nachzulesen übrigens in der hervorragend recherchierten Buchdokumentation „Das Europa-Komplott“ des Staatsrechtlers Hans Herbert von Arnim. Man mag unseren Volksvertretern derlei kräftiges Zubrot neiden oder zugestehen. Der unverwüstliche „Liedermacher“ Konstantin Wecker indes nimmt den ambitionierten Auf-den-Putz-Hauer Peer Steinbrück kabarettistisch aufs Korn:

Der SPD-Kanzleramtsbewerber habe doch völlig recht, wenn er die „gemeine Unterstellung“, sich vortragsserienrednerisch als „Knecht des Kapitals“ zu verdingen, energisch zurückweise. Schließlich habe die Welt noch nie davon gehört, daß ein Knecht sich je einen siebenstelligen Euro-Betrag dazuverdiene. Nein, ein so „erlesener Freund des Kapitals und der Banken“ führe völlig verdient und noch vor neun CDU- und CSU-Politikern Deutschlands Dazuverdiener-Rangliste an. Wäre daher, so flötet der Weckrufer Wecker, nicht gerade Peer Steinbrück wie geschaffen dafür, als Anführer einer brandneuen, ganz anderen KPD das erstarrte System so richtig aufzumischen – mit einer Kapitalistischen Partei Deutschlands?! Weit weniger humorig freilich fällt der Rückblick auf den vormaligen Bundesfinanzminister Steinbrück zu Zeiten der Großen Koalition unter Angela Merkel aus. Ganz maßgeblich er nämlich drückte die erste sogenannte Bankenrettung durch, die der bankrotten „Hypo Real Estate“. Um jeden Preis und zu Lasten der Steuerzahler. Er peitschte das „Finanzmarktstabilisierungsgesetz“ durch den Deutschen Bundestag, den Vorläufer immer neuer sogenannter Euro-Rettungsschirme mit ominösen Nebelkürzeln wie ESM, EFSF, SoFFin etc., etc. Der Viel- und Lautredner Steinbrück ist leider auch ein Mann der fehlerhaften Tat.

 

Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim „West­falen-Blatt“ in Bielefeld und ist nun freier Journalist.

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