© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/12 02. November 2012

Irshad Manji. Die Feministin plant die weltweite, liberale Unterwanderung des Islam.
Allah ist bunt
Manfred Kleinehartlage

Die New York Times nannte sie „Osama bin Ladens Alptraum“ – nicht weil Irshad Manji, wie etwa die bekannte Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali, den Islam ablehnt, sondern weil sie sich zu ihm bekennt: „Sie hat dem Islam den Rücken gekehrt, ich halte auf Gedeih und Verderb an ihm fest. Ich habe Hirsi Ali klipp und klar gesagt: Du irrst dich zu glauben, Muslime seien reformunfähig“, stellt Manji klar. Die bekennende Feministin und Homosexuelle geht einen anderen Weg, sie will den Islam domestizieren. In Malaysien ist deshalb ihr 2011 erschienenes Buch „Allah, Liberty and Love“ bereits verboten worden, in Europa knüpft sie dagegen erfolgreich an einem Netzwerk für einen liberalen Islam.

Geboren wurde die indischstämmige Manji 1968 in Uganda, 1972 wich die Familie nach Vancouver aus. Als Kind besuchte Manji die Koranschule, von der sie, wie sie erzählt, wegen allzu kritischer Fragen verwiesen wurde: zur Stellung der Frau, zur angeblichen jüdischen Verschwörung gegen den Islam, zur kriegerischen Praxis des Propheten. Von da an habe sie zwanzig Jahre lang die islamischen Quellen und die islamische Geschichte studiert, um zu einem eigenen Islamverständnis zu gelangen.

Manjis publizistische Karriere begann allerdings unter anderen Vorzeichen: Sie reüssierte als Zeitungs- und Fernsehjournalistin mit betont linksliberalen Ansichten und produzierte unter anderem die Fernsehsendung „QueerTV“. 2002 schaltete sie sich mit ihrem Buch „The Trouble With Islam Today“ in eine Debatte ein, die nach dem 11. September und vor dem Irakkrieg Konjunktur hatte. Sie empfahl darin den Moslems, ihren Glauben in einem westlich-liberalen Sinne unter besonderer Berücksichtigung der Rechte und Interessen von Frauen, Homosexuellen und des Staates Israel zu interpretieren.

Sie gründete das „Projekt Idschtihad“, eine Initiative zur liberalen Reinterpretation des Islam. Kritiker werfen Manji freilich vor, damit den Sinn des Wortes „Idschtihad“ auf den Kopf zu stellen: Der Versuch, durch eklektische Rosinenpickerei im Koran der eigenen linksliberalen Weltsicht ein islamisches Mäntelchen umzuhängen, sei nicht „Idschtihad“ – also vernunftgeleitete Auslegung von Koran und Sunna –, sondern Etikettenschwindel.

Solche Kritik konnte sie kaltlassen, da ihre Karriere, kräftig unterstützt von neokonservativen Organisationen, jetzt richtig Fahrt aufnahm. Manji publiziert in den einflußreichsten Zeitungen und Fernsehsendern, ist hochbezahlte Gastrednerin bei liberalen, neokonservativen, immigrationsfreundlichen und jüdischen Organisationen, genießt die Unterstützung wichtiger Universitäten. In New York leitet sie das Projekt „Moral Courage“, das junge Leute ermutigen soll, Autoritäten zu widersprechen. Ob das freilich auch für die Autoritäten gilt, die Manji protegiert haben, war nicht zu ermitteln.

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