© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/12 09. November 2012

Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles
Wissenschaft und Forschung: Der Anteil der Drittmittel an der Hochschulfinanzierung ist deutlich gestiegen
Robert Backhaus

Fast sechs Milliarden Euro werben inzwischen – nach einer Mitteilung des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft – Deutschlands Universitäten pro Jahr an sogenannten „Drittmitteln“ ein. Deren Anteil an der Hochschulfinanzierung ist von 15 Prozent auf über 22 Prozent gestiegen. Bei den großen Technischen Universitäten in Berlin oder Dresden liegt der Prozentsatz sogar noch viel höher.

Drittmittel – das heißt also, daß transstaatliche Instanzen, vor allem aus Wirtschaft und Finanzwelt, Geld für wichtige und aufwendige Forschungsvorhaben zur Verfügung stellen. Sie tun das natürlich nicht (oder nur sehr teilweise) aus reinem Mäzenatentum, sondern in durchaus egoistischer Absicht. Es geht um Lösungsvorgaben für die je eigene Produktion, manchmal auch um die Erarbeitung von Rechtfertigungsideologien für neuartige, profitversprechende Produkte.

Die meisten Universitäten und andere Forschungsverbände lassen sich in der Regel gern auf die Wünsche der Drittmittelspender ein, sie „werben sie ein“, wie jetzt der Stifterverband wieder einmal bestätigt hat. Überall in den Universitäten oder in den unabhängigen Instituten begegnet man raffinierten Strategen, die es geradezu spielend fertigbringen, sich den Löwenanteil aus den normalen Etats zu sichern und darüber hinaus noch satte „Drittmittel“ loszueisen.

Sie sorgen dafür, daß ihr Institut regelmäßig ins Fernsehen kommt, sie decken die Medien und die Manager-Etagen mit Werbesprüchen ein, sie wissen auch stets im voraus, welche Summen zur Verfügung stehen und an wen man sich wenden muß, um das Optimum herauszuschlagen.

Gegen all das ist an sich wenig einzuwenden, nur gibt es eine Grenze, die unverrückbar eingehalten werden sollte: die Freiheit der Forschung! Es besteht heute die Gefahr, daß nur noch Auftragsforscher ernst genommen werden und zu Geld kommen. Dem standhaften „freien Forscher“, der sich nichts vorschreiben lassen will und trotzdem leben muß, hülfe dann nur noch eine Devise, die einst der große Spötter G. B. Shaw ausgegeben hat: „Er tut nie etwas Anständiges, ohne einen unanständigen Grund dafür anzugeben.“

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