© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/12 09. November 2012

Lockerungsübungen
Zivilcourage fördern
Karl Heinzen

Die Kölner Arsch-huh-Bewegung wird am 9. November mit einem Festival in der Deutzer Werft ein furioses Comeback feiern. Zwar dürfte die Resonanz bei weitem hinter jener der Auftaktveranstaltung im Jahr 1992 zurückbleiben, als 100.000 Teilnehmer gezählt wurden. Die Organisatoren rechnen diesmal jedoch mit immerhin 40.000 Besuchern, denen ihr gemeinsames Anliegen so wichtig ist, daß sie auch durch die Darbietungen der Rockfolkloristen Wolfgang Niedecken, Tommy Engel und Brings nicht abgeschreckt werden können.

„Arsch huh“ will, so die Boulevardzeitung Express, ein „friedliches und fröhliches Zeichen für ein vereintes Köln, das keinen ausgrenzt“, setzen. Eine derartige Vision läßt sich natürlich nur realisieren, wenn geistigen Brandstiftern und Gewalttätern von rechts klargemacht wird, daß für sie kein Platz in der Stadt ist. Diese Auffassung scheint auch Oberbürgermeister Jürgen Roters zu teilen, der die Schirmherrschaft über das Festival übernommen hat. Der WDR wird live übertragen und dafür zur Kasse gebeten. Als Sponsoren konnten die Sparkasse und Rheinenergie gewonnen werden.

Gleichwohl ist zu konzedieren, daß bei „Arsch huh“ kommerzielle Interessen nicht im Vordergrund stehen. Das Festival ist als Demonstration gegen Rassismus und Neonazismus angemeldet. Daher fällt keine Platzmiete an, und die Polizei sorgt sich um die Sicherheit. Dieses Beispiel könnte und sollte Schule machen, um das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Rechts zu stärken.

So ist auch das vorbildliche Engagement des deutschen Fußballs auf diesem Gebiet endlich dadurch zu würdigen, daß man Bundesligaspiele als Demonstrationen anerkennt und keine Stadionmieten erhebt. Auch die deutschen Medien, die unermüdlich gegen Haß, Ausgrenzung und Intoleranz streiten, haben einen Anspruch darauf, von Steuern und Gebühren entlastet zu werden, um sich dieser Aufgabe mit ganzer Kraft widmen zu können.

Letztendlich bietet sich hier die Chance, alle Bürger, die es mit der Zivilcourage ernst meinen, zu bedenken: Wer etwa eine Auslandsreise unternimmt oder ein importiertes Produkt kauft, legt damit ein Bekenntnis für eine offene Gesellschaft und kulturelle Vielfalt ab. Warum wird dies nicht durch Steuererleichterungen oder Subventionen honoriert?

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