© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/12 09. November 2012

Umwelt
Illusion Bioplastik
Volker Kempf

Kaum etwas um uns herum ist nicht aus Plastik oder zumindest eng damit verbunden. „Jute statt Plastik“ lautete daher einst die Aussteigerparole. Doch Bastfasern haben sich nicht durchgesetzt. Dafür soll das Plastikzeitalter wenigstens „bio“ werden. Wurden 2009 in Deutschland über 2,6 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen verbraucht, so hatte Bioplastik gerade einmal einen Marktanteil von einem halben Prozent. Der Weg zum Bioplastikzeitalter scheint noch sehr weit. Um ihn zu verkürzen, wurde eigens eine Ausnahmeregelung in die Verpackungsverordnung aufgenommen. Hiernach sind biologisch abbaubare Kunststoffverpackungen von der Rücknahme- und Pfandpflicht befreit. Doch bieten diese Biokunststoffverpackungen wirklich einen ökologischen Vorteil?

Eine aktuelle Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) rechnet vor, wie durch den Anbau und die Verarbeitung von Pflanzen für die genannten Verpackungen Böden versauern und Gewässer eutrophieren, also dem Volksmunde nach kippen – und zwar mehr als durch herkömmliche Kunststoffverpackungen. Auch die Feinstaub­emissionen seien deutlich höher. In Sachen CO2-Klimabilanz seien Biokunststoffe zwar im Vorteil, doch das könne die Nachteile anderweitiger Umweltbelastungen nicht ausgleichen. „Die Ergebnisse sprechen dafür, die Sonderregelung für solche Verpackungen, wie etwa die Befreiung von der Rücknahmepflicht des Handels, nicht zu verlängern“, sagt daher UBA-Präsident Jochen Flasbarth. Auch Stoffe wie Biopolyäthylen aus Zuckerrohr erfüllten die Umweltkriterien noch nicht. Es wird also auch nichts mit dem Bioplastikzeitalter, nachdem sich schon das Biokraftstoffversprechen (E10) als eine Illusion erwiesen hat. Zu viele Menschen verbrauchen zu viele Stoffe. Mit bio hat das nichts zu tun. Hier liegt das Grundproblem.

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