© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

Dagobert Duck. Der beliebte Comic-Enterich und vorbildliche Konservative wird 65.
Duck statt Draghi
Ronald Berthold

Er bekäme wohl einen seiner gefürchteten Wutausbrüche: Am Hungertuch müsse er demnächst nagen oder am Bettelstab gehen! So würde Dagobert Duck toben, wenn er von der Euro-Rettungspolitik hörte. Aber in Entenhausen, wo der reichste Erpel der Welt wohnt, bezahlt man Gott sei Dank noch mit Talern.

Und davon hat der „Fantastilliardär“ mehr als genug. Seit genau 65 Jahren nimmt Onkel Dagobert sein tägliches Bad im Geldspeicher und hält die Kreuzer und Taler zusammen, während sein Neffe Donald mit Moneten um sich wirft, die er nicht hat. Das bringt Dagobert zur Weißglut, denn meistens pumpt der liebenswürdige Tolpatsch dann seinen Onkel an. Der aber will nichts geben, weil jeder „seines Glückes Schmied ist“, wie Dagobert so schön sagt. Allerdings, irgendwann läßt er sich meist erweichen. Denn bei allem Geiz trägt er das Herz am rechten Fleck. Doch zu verschenken hat die Ente mit Zwicker, rotem Gehrock, Zylinder und blauen Gamaschen freilich nichts: Donald muß die Schulden stets abarbeiten. Da nutzt alles Gezeter des Neffen nichts.

Von nichts kommt eben nichts, so könnte die Moral der Walt-Disney-Figur lauten. Denn trotz allen Reichtums frönt Dagobert einem entbehrungsreichen Dasein. Trocken Brot, hartgekochte Eier und Leitungswasser sind seine Lieblingsspeisen – die Teebeutel benutzt er gern mehrfach. Und Schirme – meist ein wenig lädiert – schützen ihn noch vor Regen, nicht vor Staatspleiten.

Ach, was wäre es schön, hätten Europas Politiker nur ein klitzekleines Bißchen von Dagoberts Einstellung zum Geld verinnerlicht. Im real existierenden Schuldenklub gibt es jedoch viele, zu viele Donalds und keinen einzigen Dagobert. Und so müssen die europäischen Donalds für die großzügigen Zuwendungen ihrer reichen Onkels aus Deutschland auch keine Taler beziehungsweise Euro schrubben und putzen. Ducks Prinzip „Leistung erfordert Gegenleistung“ täte dieser EU gut. Aber wahrscheinlich liest dort niemand Micky Maus.

Onkel Dagobert würde es auch keinesfalls zulassen, sein Gold im Ausland zu deponieren und dann jahrzehntelang nicht mehr nachzuschauen, ob die Barren überhaupt noch da sind. Dafür ist der gefiederte Geizkragen, der im Dezember 1947 vom legendären Disney-Zeichner Carl Barks erschaffen wurde, viel zu mißtrauisch. Sein Neffe kann davon ein Lied singen. Aber vielleicht tut man dem guten Donald sogar ein wenig unrecht, wenn man ihn mit den Schuldenmajoren auf den Regierungsbänken vergleicht. Vielmehr scheinen dort die gefürchteten Panzerknacker Platz genommen zu haben. Aber auch hier ist leider nichts wie im richtigen Leben. Im Comic siegt am Ende einer jeden Episode das Gute. Und so kann der einflußreiche Enterich sein Vermögen stets gegen die Panzerknacker verteidigen. Schade, daß wir nicht in Entenhausen leben.

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