© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

Beifall von der richtigen Seite
Ehrung: Erich Loest erhielt Hohenschönhausen-Preis
Christian Dorn

Einmal traf ich Gerhard Löwenthal, den einzigen, der noch gegen Mauer und Stacheldraht anging. Heiter grüßte ich: ‘Na, Sie kalter Krieger?’ Er freute sich sehr. – Dann sackte der kommunistische Block stinkend und staubend in sich zusammen. Auf einmal waren wir die, die immer recht gehabt hatten und mußten aufpassen, nicht als Sieger der Geschichte aufzutreten.“

Die Worte stammen aus der Dankesrede des Schriftstellers Erich Loest, der vergangene Woche in Berlin den Hohenschönhausen-Preis 2012 erhielt, vergeben von dem Förderverein der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen für die Aufarbeitung der kommunistischen DDR-Diktatur (JF 42/12) – in einer Zeit, da ein „schleichender Freiheitsverlust allgegenwärtig ist“, so die verheißungsvolle Begrüßung des Gastgebers in der Landesvertretung des Saarlandes.

In der Laudatio würdigte Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP) Loests unermüdliches Wirken – erinnernd an das Heine-Wort von der Freiheit als einer „Kärrner-Leistung“. Wenngleich die DDR „unzweifelhaft“ ein Unrechtsstaat gewesen sei, fehle es „noch immer an Basiswissen“ über diese Diktatur. Oder wie es bei Loest heißt: „Sie haben uns beschissen, und wir haben es geglaubt.“

Für den 1926 im sächsischen Mittweida geborenen und in Leipzig beheimateten Autor endete das abrupt, da er zu siebeneinhalb Jahren Zuchthaus inklusive Schreibverbot verurteilt wurde: Als er 1959 „im Zuchthaus Bautzen II eintraf, verbreitete sich Freude im Haus: Jetzt ist der Mann, der ‘Die Westmark fällt weiter’ geschrieben hat, endlich auf die Schnauze gefallen“. Eine Analogie zur Kritik an der Euro-Währung heute wäre hier wohl verfehlt, allein der Gedanke sagt aber genug über die Aktualität dieses Autors, dessen Ablehnung des Marxismus-Leninismus sich seither nicht änderte. Dies verstörte die SPD, als Loest Anfang der achtziger Jahre in den Westen ausgereist war. Für Antikommunisten hatten die Genossen keinen Platz, auch wurde er vor Beifall von der falschen Seite gewarnt.

Daß mit Erich Loest einer der großen Erzähler Deutschlands gewürdigt wurde, zeigte sich auch in seiner lakonischen Dankesrede, die Biographie und politisches Bekenntnis meisterhaft verknüpfte. Nicht zufällig, ist doch Loest ein Preisträger, der Verfolgung, Widerstand und Aufklärung in einer Person vereint.

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