© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

Religionsphilosophische Rückschlüsse aus der Nebra-Scheibe
Glaube an die Wiederkehr des Lichts
(wk)

Wie der Prähistoriker Christoph Sommerfeld in seinen „Bemerkungen über die Nebra-Scheibe“ ausführt, enthält die Urscheibe, welche um 1600 v. Chr. entstand und noch keine Horizontbögen und auch keine „Himmelsbarke“ aufwies, eine codierte Versinnbildlichung des Meton-Zyklus (Prähistorische Zeitschrift 1/2012). Hierbei handelt es sich um eine Periode von 19 Sonnenjahren, die genau 235 Mondmonaten entspricht und somit einen perfekten lunisolaren Zusammenhang konstruiert. Deshalb, so Sommerfeld, könne die Himmelsscheibe auch kein profanes Kalendarium gewesen sein, wie von der Forschung bisher angenommen. Vielmehr handele es sich hier um eine lupenreine Ikone zur Symbolisierung des Mysteriums der kontinuierlich-zuverlässigen Wiederkehr des Lichtes. Und das Vorhandensein einer solchen wiederum erlaube wichtige Rückschlüsse auf das religionsphilosophische Fundament der gesamten europäischen Bronzezeit: Offensichtlich glaubten die Menschen damals fest an die zyklische Erneuerung alles Bestehenden. Außerdem könne man davon ausgehen, daß die Himmelsscheibe von Nebra die „Mutter“ aller übrigen, später entstandenen, mitteleuropäischen Scheiben darstelle, welche ähnliche verschlüsselte astronomische Aussagen enthalten: „Ihr Impetus beeinflußt Ornamentik und Leitgedanken einer ganzen Epoche.“

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