© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/12 16. November 2012

Meldungen

Geschichte als Medium der Gesinnungsbildung

NEUMÜNSTer. Obwohl es unter Wilhelm II. und „vor allem“ in der DDR zu „tendenziösen Verzerrungen historischer Darstellungen“ kam, bilde doch die NS-Ära den „Höhepunkt der parteiischen Indienstnahme“ der Geschichte. Von dieser Überzeugung durchdrungen, schildert Historiker Lisa Sophie Kämmer (FU Berlin) Leben und Werk des 1940 in Frankreich gefallenen Kieler Geschichtsdidaktikers Karl Alnor (Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, 137-2012). Seit 1919 an vorderster Front im publizistischen Kampf für eine Revision des Versailler Diktats, die Nordschleswig dem Deutschen Reich zurückgeben sollte, konzipierte Alnor nach 1933 an der Hochschule für Lehrerbildung in Kiel einen an Vorgaben von Hitlers „Mein Kampf“ orientierten Geschichtsunterricht, der sich „in völliger Hingabe den Machtansprüchen des NS-Regimes“ und dessen „aggressiver Expansionspolitik“ gebeugt habe. Daß solche Instrumentalisierung nicht 1945 endet, räumt Kämmer, abgesehen von der DDR, mit Blick auf die den armenischen Völkermord leugnende „türkische Geschichtspolitik“ immerhin ein, während sie in rührender Naivität konstatiert, in der Bundesrepublik diene der Geschichtsunterricht allein der „Ausbildung eigener Kritik- und Urteilsfähigkeit“. (ob)

www.wachholtz.de

 

Kulturtransfer aus unerwarteten Richtungen

berlin. Zur Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. entwickelte sich nördlich des Kaukasus, also um die heutige adygejische Stadt Maikop, eine beeindruckende Hochkultur. Aufgrund der rasanten Geschwindigkeit dieses Vorgangs ist mittlerweile nur noch vom „Maikop-Phänomen“ die Rede. Als Ursache vermuteten russische Forscher bisher einen Kulturtransfer aus dem syro-anatolischen Raum oder aus Mesopotamien. Allerdings standen alle diese Theorien auf schwachen Füßen, da die Fundobjekte im Nordkaukasus keinen Bezug zu der angeblichen Herkunftsregion aufweisen. Deshalb geht die Heidelberger Prähistorikerin Mariya Ivanova jetzt von kulturellen Einflüssen aus dem Nordwestiran und Zentralasien aus (Prähistorische Zeitschrift 1/2012). Damit relativiert sie die vielbeschworene Bedeutung der Innovationen aus dem „Fruchtbaren Halbmond“ für Europa: Offensichtlich gab es auch einen eurasischen Interaktionsraum nördlich von Anatolien. (wk)

www.degruyter.com

 

Erste Sätze

Wenn doch nur ein einziger Sonnenstrahl in diese grauen Novembertage gefallen wäre!

August Winnig: Heimkehr, Hamburg 1935

 

Historisches Kalenderblatt

21. November 1872: Ein Burnout-Syndrom veranlaßt Otto von Bismarck (Zitat: „Mein Öl ist verbraucht, ich kann nicht mehr“), sich bis auf weiteres vom Amt des preußischen Ministerpräsidenten entbinden zu lassen. Sein Wunsch auf Entlassung wird abgelehnt.

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