© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/12 30. November 2012

Falsches Vorbild
Trendfarbe Rosa: Karrierefrauen ärgern sich darüber, daß ihre Töchter zu Töchtern gemacht werden
Ellen Kositza

Ach, ihr Karrierefrauen! Daß ihr auf dem Markt passabel dasteht, daß ihr geldwert honoriert werdet und gute Positionen bekleidet, das ist euch wichtig. Läuft doch alles super, die Quoten rattern flott voran. Jetzt habt ihr – oder auch nur eine Freundin – ein Kind bekommen, und euch fällt’s wie Schuppen von den Augen: Der Markt hat ja wieder eine binäre Welt erschaffen! Rosa und Püppchen für die Mädchen, Blau und Bagger für die Jungs.

Weil sich’s ökonomisch auszahlt: Statt einer Zielgruppe („Kinder“) hat man gleich zwei lukrative Kundengruppen im Visier. Daß die harmlose Prinzessin Lillifee, das zarte Blütenweibchen, reichlich angejahrt ist, ist euch auf eurer Karrierestrecke glatt entgangen. Doch eure Töchter (oder die der Freundin) fahren auch noch drauf ab, üben gar „Konsumdruck“ aus, die armen manipulierten, rosasüchtigen Zwerge! Im Rahmen der „Pinkifizierung“ werden „Mädchen immer mehr zu Mädchen gemacht“, klagt ihr in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), und eure besorgten Kolleginnen haben vor Monaten schon „Sexismus im Überraschungsei“ (nämlich der geschlechtsfixierten rosa Version) ausgemacht. Ja, so reaktionär geht’s auf dem Markt zu!

Dabei ist es so simpel: Kinder ahmen nach. Schmückt sich die Mutter und legt rosa auf, wird genau das zum Idol. Sieht Töchterchen die Mama schrauben, schleifen oder lesen, wird eben das nachgeahmt. Nun seid ihr, Karrierefrauen, nicht so wirklich präsent in Töchterleins Welt. Ihr seid auf dem Markt. Ihr seid der Markt! Die Töchter überlaßt ihr der peer group: der Krippe, dem Hort, der allzeit gegenwärtigen Werbung. 500 Werbeaufrufe pro Tag, schätzt die FAS, muß eure Tochter im Alter zwischen 11 und 14 Jahren verarbeiten.

Freut euch doch, daß eure Mädels so tüchtig sind im Nachmachen. Wie sonst besteht man auf dem Markt? Beste Grüße von einer Hausfrau bar jeder Rosa-Neigung, mit sechs Töchtern ohne Rosa-Affinität.

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