© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/12 30. November 2012

Frisch gepresst

Berliner Geist. Nicht mehr rechtzeitig zum Universitätsjubiläum der Berliner Humboldt-Universität 2010 erschienen, aber gleichwohl freudig zu begrüßen, ist die von Hans-Christof Kraus (Passau) komponierte Sammlung Berliner Geisteswissenschaftler, die mit dem 1802 in Eutin geborenen Philosophen und Anti-Hegelianer Friedrich Adolf Trendelenburg beginnt und mit dem noch nach 1945 an der Friedrich-Wilhelms-Universität lehrenden preußischen Verfassungshistoriker Fritz Hartung abschließt. Zu den Glanzpunkten dieser Sammlung zählt das Porträt des Anglisten Alois Brandl, der, nach Jakob Schipper (Königsberg/Wien) und Bernhard ten Brink (Straßburg), zu den Gründergestalten des Faches zählt. Heinz-Joachim Müllenbrock ist Brandls souveräne Verteidigung gegen zeitgeistfromme Anklagen jüngeren Datums zu danken, indem er dessen patriotische Antworten auf die „beispiellose, einen Zivilisationsbruch markierende englische Haßpropaganda im Ersten Weltkrieg“ in Erinnerung bringt, die keineswegs einem „kriegerischen Sprachgestus“ huldigten. Am anderen Ende der Skala, als Gegenstück zu Müllenbrocks objektiver Würdigung, finden sich die selbstgefällig anmutenden Zensuren, die Helmut Börsch-Supan dem großen Kunsthistoriker Wilhelm Pinder und der an Kraus’ Passauer Institut tätige Historiker Marc von Knorring, einem der bedeutendsten Historiker des Zweiten Reiches, dem Bismarckianer Erich Marcks, heute glauben erteilen zu dürfen. (fl)

Hans-Christof Kraus (Hrsg.): Berlinische Lebensbilder: Geisteswissenschaftler II. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2012, gebunden, 338 Seiten, Abbildungen, 38 Euro

 

Historisches Kalenderblatt

5. Dezember 1912: Der Dreibund zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und Italien wird um weitere sechs Jahre verlängert. Im April 1915 verletzte Italien diesen Vertrag nicht nur, sondern erklärte den Bündnispartnern sogar noch den Krieg.

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