© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/12 - 01/13 / 21./28. Dezmber 2012

Lockerungsübungen
Kollektiver Rausch
Karl Heinzen

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat ein neues Sicherheitskonzept beschlossen, das eine effektivere Disziplinierung der Zuschauer in den Stadien gewährleisten soll. Nach der mehrheitlichen Auffassung ihrer 36 Proficlubs können in Zukunft, sofern es die Lage als geboten erscheinen läßt, Ganzkörperkontrollen der Fans, wie in einem Pilotprojekt des FC Bayern München jüngst praktiziert, vorgenommen werden.

Auszuweiten und schlagkräftiger zu organisieren ist nach den Vorstellungen der DFL auch die Videoüberwachung in den Stadien, um Unruhestifter zügiger identifizieren und ausschalten zu können. Damit dies nicht unterlaufen wird, ist den Fans alles abzunehmen, was als Vermummung dienen könnte. Ob hierzu auch Vereinsschals oder Fahnen zählen, ist eine offene Frage. Die Motivation der Clubs, ihre Verantwortung für die Sicherheit zu beherzigen, soll durch Sanktionsdrohungen von der Einschränkung des Kartenkontingents bei Auswärtsspielen bis hin zu Auflagen für die Verwendung der Fernsehgelder gestärkt werden.

Dieser Maßnahmenkatalog ist nicht nur auf Kritik sogenannter Fanclubs gestoßen, in denen sich die Randalierer organisieren. Auch notorische Problemvereine wie der FC St. Pauli und Union Berlin sperrten sich gegen das Sicherheitskonzept. Die DFL konnte sich mit den Einwänden allerdings nicht ergebnisoffen auseinandersetzen, da der politische Druck, die Fans endlich an die Kandare zu nehmen, zu groß ist. Im Raum steht unverändert die Drohung, den Vereinen die Kosten für die Polizeieinsätze bei Ligaspielen aufzubürden. Mehr als symbolische Bedeutung hat das Sicherheitskonzept jedoch nicht, da sich die prominentesten Krawalle im Amateurfußball ereignen, für den die DFL gar nicht zuständig ist.

Vor allem aber dürfte sich die Politik mit den Maßnahmen nicht zufriedengeben, weil sie grundsätzliches Unbehagen über den blindwütigen Kollektivrausch der Fans hegt. In einem Interview mit der FAZ hat der für den Sport zuständige Bundesminister Hans-Peter Friedrich dazu grundsätzlich angemerkt, daß überall dort, wo Menschen zusammenkommen, Dinge aus den Fugen geraten können. Eine befriedigende Sicherheitslösung ist daher erst dann erreicht, wenn in den Stadien allenfalls VIP-Logen zugelassen sind und die übrigen Zuschauer die Spiele daheim am Fernseher verfolgen.

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