© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/13 / 04. Januar 2013

Deutsch-italienische Kriegsvergangenheit
Nicht um Fakten gedrückt
Stefan Scheil

In den fünfziger Jahren begannen Europarat und Unesco mit der politisch korrekten Umgestaltung der internationalen Schulbücher. Zu den Opfern dieser Säuberungsaktion gehörte in Deutschland die bis dahin im Lehrmaterial noch oft enthaltene Information über den zweifachen Seitenwechsel Italiens in den beiden Weltkriegen. Italien dürfe in Zukunft nicht mehr „treulos“ dargestellt werden, lautete daher die Vorgabe.

Ein halbes Jahrhundert später hat jetzt eine Kommission aus Historikern beider Länder einen Bericht über die „deutsch-italienische Kriegsvergangenheit“ vorgelegt. Er fordert am Ende einmal mehr ein Mahnmal in Berlin, aber er drückt sich nicht völlig um die Fakten herum. Daß die römischen Faschisten im Jahr 1940 aus eigenem Antrieb Frankreich und Griechenland überfallen haben, wird zwar nur dunkel umschrieben. Dagegen heißt es recht deutlich, die Art und Weise des italienischen Seitenwechsels im Jahr 1943 habe es der deutschen Seite „leichtgemacht“, den Vorwurf des „Verrats“ zu erheben. Auch 1915 habe Italien seinem österreichischen „Verbündeten“ den Krieg erklärt.

Man kann sich seinen Teil dazu denken. Auch raffinierte Geschichtspolitik und die subtilste Schulbuchzensur können die Verbreitung von Wahrheit nicht ganz beenden.

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