© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/13 / 04. Januar 2013

Blick in die Medien
Der Kampf um den Klarnamenzwang
Toni Roidl

Ein Nachteil sozialer Netzwerke sind Trolle, die durch Anonymität und Mehrfachidentitäten geschützt, Unsinn verbreiten. Der Marktführer Facebook verhindert dies durch sogenannte Klarnamenpflicht.

Vielen Nutzern gefällt das jedoch nicht, und einer hat jetzt den Kampf dagegen aufgenommen: Thilo Weichert, der Chef des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD). Der 56jährige legt sich gerne mit Facebook an. Anfang 2012 mahnte er Firmen ab, die den „Gefällt mir“-Knopf auf ihre Webseiten eingebaut hatten, weil Weichert diesen für rechtswidrig hält – darunter die eigene Landesregierung. Nun greift er Facebook direkt an. Sein Vorwurf: Die Klarnamenpflicht verstoße gegen das deutsche Telemediengesetz. Nach diesem dürfen Internetnutzer Online-Dienste unbeobachtet verwenden. „Und ohne Angst vor unliebsamen Folgen“, ergänzt das ULD in einer Stellungnahme. Längst eine Illusion!

Weichert überstellte dem Konzern eine Verfügung, Pseudonyme zuzulassen. Andernfalls droht ein Zwangsgeld von 20.000 Euro. Die Weltfirma des Studienabbrechers Mark Zuckerberg konterte scharf, die Verfügung sei eine „Verschwendung deutscher Steuergelder“. Der Kieler Datenschützer freut sich schon auf die gerichtliche Konfrontation. Sein Ziel sei, endlich juristisch zu klären, wer bei dem intransparenten Konzern eigentlich zuständig ist. Weichert sagt: „Wir hoffen auf ein sachorientiertes, nicht auf Verzögerung abzielendes Vorgehen.“ Juristen halten Weicherts Vorgehen für „kühn“.

Facebook beschäftigen indessen wohl andere Dinge: Im Jahr 2012 durchbrach die Zahl der angemeldeten Personen die Marke einer halben Milliarde. Auch die Aktie erholte sich nach dem holprigen Börsenstart kräftig dank der Aufhebung der Werbeblockade auf mobilen Geräten. Daß Weichert als „der Facebook-Zensor“ durchs Netz geistert, stört ihn nicht. Der Datenschützer ist übrigens, rein beruflich, selbst bei Facebook – allerdings unter anderem Namen.

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