© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/13 / 11. Januar 2013

Grüße aus Rom
Vatikan am Pranger
Paola Bernardi

Lang ist die Schlange der Wartenden, die sich täglich um die leoninischen hohen, dicken Mauern windet, die den Vatikan beschirmen. Die Besucher aus aller Welt, die in die Ewige Stadt reisen, wollen nicht nur den Petersdom besichtigen, sondern vor allem auch die Vatikanischen Museen besuchen. Dafür nehmen sie gern Stunden des Wartens in Kauf.

16 Euro pro Person kostet der Eintritt für diese Bildungsreise. Eine Summe, für die ein Familienvater mit zwei oder drei Kindern gern seine Scheckkarte zückte. Doch nun, quasi über Nacht, hat die italienische Zentralbank den Scheck- und Kreditkartenverkehr im Vatikan gesperrt.

Weder an der Tankstelle drinnen im Vatikanstaat noch im Supermarkt, weder in der internationalen Apotheke noch im schicken Kaufhaus, wo es die feinsten Herren-Anzugstoffe und elegante Mäntel gibt, zählen derzeit die Plastikkarten. All die 5.500 Angestellten im Vatikan, ebenso wie das Diplomatische Korps, das beim Heiligen Stuhl akkreditiert ist, sowie die insgesamt 813 Vatikan-Bürger, die bisher steuerfrei einkaufen konnten, müssen nun ihr Bargeld zücken.

Selbst der Papst könnte derzeit nicht mehr mit der Kreditkarte zahlen. Dabei hat Benedikt XVI. sicher nicht sein Konto überzogen, sondern ist seit Monaten darum bemüht, den Ruch mangelnder Transparenz bei den Finanzgeschäften der Vatikanbank abzuschütteln. Seit Ende 2011 wirft das von Weltbank und IWF unterstützte Expertenkomitee „Moneyval“ des Europarates nun ein Auge auf das Finanzgebaren des Vatikans.

„Moneyval“ erteilte dem Vatikan dann Mitte 2012 ein recht positives Zeugnis. Der Vatikan erfüllte demnach in neun von 16 Kernpunkten die internationalen Finanzstandards und sei zudem auf gutem Wege, hieß es. Ein Ergebnis, mit dem der Kleinstaat einen Eintrag auf der Liste jener Länder, die gravierende Mängel bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen, vermeiden konnte.

Diese positive Entwicklung sieht die Banca d’Italia jedoch nicht. Im Gegenteil. Italiens Zentralbank wittert weiterhin ein Schlupfloch für Geldwäsche im großen Stil. Andererseits erhofft sich Italiens Regierung angesichts der maroden Finanzsituation neue Steuerquellen zu erschließen. Immerhin betrugen allein die Jahreseinnahmen der Vatikanischen Museen im Jahr 2011 91 Millionen Euro.

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