© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/13 / 18. Januar 2013

CD: Leger des Heils
Flammende Herzen
Nils Wegner

Ein weniger bekanntes, aber dafür um so bemerkenswerteres Kleinod der deutschsprachigen Neofolk- beziehungsweise Neoklassikszene hat sich in den letzten Jahren ziemlich rar gemacht. Genreliebhaber konnten gar eine Einstellung des Projekts „Leger des Heils“ (LdH), benannt nach der niederländischen Heilsarmee, befürchten – war doch das letzte Vollzeitalbum „Memoria“ schon 2008 erschienen und auf „Über Liebe, Leben und Tod ...“ 2010 neben einigen neu aufgenommenen Titeln wenig Neues zu hören.

Nun aber ist Mario Ansinn mit seiner Tonkunstschmiede wieder auf den Plan getreten. Wer jedoch eine Fortführung der feinsinnig-minimalistischen, synthetischen Klanglandschaften früherer LdH-Alben erwartet, geht fehl – das neue Album „:Licht!:“ stellt nicht nur im metaphorischen Sinne einen Paukenschlag dar. Schon das von Fanfaren getragene und in einen Marschrhythmus führende Intro „Klang der Freiheit I“ weist den Weg in ein deutlich schmissigeres Klangerlebnis. „Geweihtes Land“ beginnt dann mit melancholischen Streicherklängen und Glockengeläut, um mit einsetzenden Trommeln, Gitarren und Akkordeon auch musikalisch „flammende Herzen, wehende Fahnen“ heraufzubeschwören, die besungen werden. Auch eine Strophe aus dem „Bundeslied“ Ernst Moritz Arndts wird hier zitiert, ehe der Kehrreim klarstellt: „Wir halten stand im Licht der Welt, das Schweigen ist verbannt! Die Sonne unseren Weg erhellt, in unserem geweihten Land!“

Mit „Peaceful Hours“ wird es besinnlicher: Von sachtem Gitarrenspiel und der sphärischen Stimme Ansinns getragen, entfaltet sich eine Meditation über nächtliche Ruhe und Rückkehr zur Innerlichkeit. Schnell kehrt mit „Stirb und Werde“ jedoch der tragische Pomp zurück, obgleich die anfangs aufklingenden Hörner kein martialisches Treiben entfesseln. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Adaption der Ballade „Einsam will ich untergehn“ von Clemens Brentano – ein Exponat der Heidelberger Romantik, das LdH zum Ende hin vor allem klanglich in einen Hymnus der Hoffnung zu verwandeln verstehen. Diese musikalische Note zieht sich ebenso durch das englischsprachige „Sanctum“, ohne jedoch in beschwingter Fröhlichkeit aufgeweicht zu werden. Stets getragen und pathetisch bleiben Leger des Heils ihrer leicht melancholischen Rückbesinnung auf die deutsche Romantik treu.

Im nächsten Lied, „Zeitenwende“, beschwört Ansinn beschwingt dieselbe. „Denn wir wollen das verbrennen, was in Leib und Seel’ uns stört – wer kann das mit Worten nennen, was ihn in dem Geist empört?“ Wer hier an das Wartburgfest 1817 denken mag, geht gewiß nicht fehl im Nachempfinden der Liedstimmung. „Solitude“ kommt dann als ruhige Elegie über Einsamkeit und Abgeschiedenheit daher, während „Adieu!“ den tragischen Charakter eines jeden Abschieds einzufangen vermag. Der zarte Text dazu basiert auf Versatzstücken aus Emily Brontës Gedicht „How Clear She Shines!“ In „Klang der Freiheit II“ wird die hymnische Eingangsmelodie dann noch mit einem Textauszug des „Lieds vom Siegerich“ unterlegt – ebenfalls von Arndt, aus dem Umstürzlerjahr 1817.

Alles in allem beeindruckt das Album „:Licht!:“ durch bescheidene Empfindsamkeit in hinreißendem musikalischem Gewand.

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