© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/13 / 18. Januar 2013

Die Ermittlungen gehen weiter
Wieder Poltern und Sprüche vom „letzten Bullen“ – Die vierte Staffel startet am Montag zur besten Sendezeit
Toni Roidl

In den achtziger Jahren war gewiß nicht alles besser. Mit Grausen erinnert man sich an Schulterpolster, schwarzes Eßgeschirr und Vokuhila-Frisuren. Doch wird einem warm ums Herz, wenn man an eine Welt ohne politische Korrektheit denkt, ohne Antidiskriminierungsgesetze und Gender-Beauftragte.

Aus dieser Welt kommt Michael Brisgau. Nach einem Kopfschuß, den er im Dienst als Polizist in Essen erlitt, lag er 20 Jahre lang im Koma. Nach seinem Erwachen kann er den Ermittlerdienst wieder aufnehmen, doch die Welt um ihn hat sich stark verändert. Während Brisgau immer noch Baseball-Jacken trägt, die Hits der Achtziger hört und mit Macho-Sprüchen um sich wirft, die vielleicht vor 20 Jahren cool waren, steht er ratlos neuen Phänomenen gegenüber: Frauen spielen Profi-Fußball, Männer besuchen Wellness-Oasen – für Brisgau das Grauen! Auch Homo-Verpartnerung und Feng-Shui-Raumgestaltung sind Mick hochgradig suspekt.

Brisgau ist in Wirklichkeit der Schauspieler Henning Baum und die Geschichte der Plot zur Fernsehserie „Der letzte Bulle“. Seit 2010 strahlt Sat.1 die 45minütigen Folgen mit großem Zuschauerquotenerfolg aus. Nun läuft die vierte Staffel an.

Hauptdarsteller Baum, der kernige Holzfällertyp, der tatsächlich in seiner Geburtsstadt Essen lebt, ist die Idealbesetzung. Nicht nur, weil er reichlich Polizeiserien-Erfahrung mitbringt (Polizeiruf 110, Cobra 11, SoKo Kitzbühel, etc.), sondern weil er ein authentischer Kerl ist, dem man abnimmt, daß ihm „Political Correctness“ am Allerwertesten vorbeigeht. Wenn er Damen herzhaft auf den Po haut oder einer biestigen Emanze frech unterdrückte Zuneigung für sich unterstellt, strahlt ihm die Spielfreude nur so aus dem bärtigen Gesicht.

Baums Kollege Helmfried von Lüttichau bestätigt das. Der Schauspieler verkörpert den Abteilungsleiter Ferchert, der früher Micks Kumpel war und, während dieser im Koma lag, sein Vorgesetzter wurde. In der Folge „Camping für Anfänger“ (Staffel 2) kommt es zu einem Grillwettbewerb, bei dem es darum geht, wer immer noch ein echter Mann und wer ein Weichei ist. Lüttichau schildert im Fernsehinterview, wie der gespielte Männerkonflikt am Set ernsthaft eskalierte und in der Beschimpfung gipfelte: „Du grillst doch Tofu-Würstchen!“

In der Serie sind die permanenten Kollisionen von Micks antiquiertem Macho-Charme und grünen Gleichstellungsdoktrinen von heute witzig. Doch wenn man sich zum Vergleich ähnliche Serien aus der Zeit von vor 20 Jahren anschaut (zum Beispiel den „Fahnder“ mit Klaus Wennemann), stellt man erschüttert fest, wie linke Sittenwächter in nur zwei Jahrzehnten die ganze Gesellschaft in ein Korsett von Denk- und Sprachverboten gezwängt haben. Der Erfolg des „letzten Bullen“ liegt auch darin begründet, daß die Zuschauer Erholung vom Gouvernantentum der Gutmenschen suchen. Da ist die meist belanglose Krimihandlung glatt zweitrangig.

Den inzwischen robusten Publikums­erfolg hat sich die Produktionsmannschaft langsam erarbeitet. Es spricht für den privaten Sender, daß man der Serie genügend Zeit gelassen hat, sich zu entwickeln. Rund 15 Prozent Marktanteil erreichte der unkonventionelle Kommissar in der letzten Staffel – und den Deutschen Fernsehpreis als beste Serie. Die 13 neuen Episoden laufen ab dem 21. Januar immer montags um 20.15 Uhr.

Aber, oh Schreck! In den nächsten Folgen quittiert Mick den Polizei­dienst! Weil er wütend darüber ist, daß seine Kollegen ihm die Identität des Komaschützen verschwiegen haben. Doch auch ohne Polizeimarke ermittelt er auf eigene Faust weiter ...

„Der letzte Bulle“. Die 4. Staffel beginnt am 21. Januar um 20.15 Uhr auf Sat.1. www.sat1.de

Foto: Die Spielfreude strahlt ihm nur so aus dem Gesicht: Henning Baum als Polizist Brisgau, der von linksgewirktem Lebensgefühl rein gar nichts hält

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