© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/13 / 25. Januar 2013

CD: Neofolk
Schwermütiges Gedenken
Nils Wegner

Der Tod von Zigfríds Šilders, Vater eines der beiden Betreiber des lettischen Musiklabels Beverina & W.A.R., im Januar 2009 gab den Anlaß zu der Zusammenstellung eines seinem Andenken gewidmeten Gemeinschaftstonträgers. Dieser trägt den extravaganten Titel „FatheR:LanD“, ist über das österreichische Label „Steinklang Industries“ erschienen und vereint 13 international bekannte Neofolk- und Ambientprojekte.

Den gesamten Sampler durchzieht eine diffus-schwermütige Atmosphäre. Auf das Intro „Song VII“ des deutschen Flöte-und-Klavier-Projekts Sagittarius folgen die Salzburger Buben von Jännerwein mit dem ergreifenden „Quell“, das um Vergebung fürbittet und doch kurz und spielerisch mit „Die Welt ist tiefer als der Tag gedacht“ Nietzsches „Alle Lust will Ewigkeit“ zitiert. Das dritte Lied steuern Von Thronstahl aus München mit einer stark reduzierten, verhaltenen Version ihres Stücks „Northern Sons Under Southern Skies“ bei, gefolgt vom schwedischen Martial-Geheimtip Stormfågel, deren „En gång när jag ska dö“ (dt. etwa „Wenn ich einmal sterben sollte“) etwas von einer düsteren, verzerrten Spieluhrmelodie hat. Besinnlicher wird es dann wieder mit dem klassischen Neofolk von Verdandi aus Texas, die mit dem „Deimos-Mix“ ihres „Weland Worked Long“ ein Akustikstück über den rachedurstigen Schmied Wieland aus der nordischen Mythologie abliefern.

Deutlich kühler und düsterer kommt „Heimkehr“ des bulgarischen Folkprojekts Svarrogh mit von fern herüberhallenden Stimmen und drängenden Marschtrommeln daher. Eher sakral und apokalyptisch wird es mit dem Projekt Atomtrakt des Schweizers (aber gebürtigen Oberschwaben) Christoph Ziegler und seinem wiederaufgelegten instrumentalen Stück „Kalte Relikte des Verfalls“, das den Zuhörer unwillkürlich frösteln läßt. Hrossharsgrani aus Linz, benannt nach einem Decknamen Odins, die normalerweise zwischen düsterem Ambient und Viking Metal pendeln, vertonen mit „Es dziedāšu par tevi, tēvu zeme“ (dt. etwa „Ich werde für Dich singen, mein Vaterland“) ein lettisches Volkslied neu, das martialisch unterlegt wird. Auch das stilistisch nicht festlegbare Projekt Dead Man’s Hill des umtriebigen Belgiers Bart Piette ist vertreten; sein „In The Spheres“ mutet jedoch trotz alptraumhafter Melodiefolge seltsam diffus an und ist mit fast neun Minuten deutlich zu lang.

Werra, ein Ablegerduo der deutschen Black-Metal-Band Halgadom, von dem es überhaupt erst drei Lieder gibt, tragen mit „Sturmesweihe“ ein bündisch anmutendes Stück heidnischen Lagerfeuer-Neofolks vor. Leise klingt darin die Ahnung kommender Daseinskämpfe an – „in diesem Sturm bestehen, oder stehend untergehen“ lautet die Devise. Vinterriket, ein weiteres Projekt von Christoph Ziegler, legt mit „Jenseits der Berge“ eine hypnotische Meditation über Einsamkeit, Kälte und Weite in epischer Länge vor.

Die Industrial-Legende Rasthof Dachau darf auf einem Steinklang-Sampler natürlich nicht fehlen, stellt der Labelchef Max Presch doch fünfzig Prozent des Projektduos dar. „Vater, ich rufe dich!“ erklingt in getragen-dunkler Tonlage. Den Abschluß dieses musikalischen Denkmals bildet Oda Relicta aus Zhitomir mit dem verspielt-hoffnungsvollen „Heavenly Trumpeter“.

Father:Land, diverse Interpreten Steinklang Industries, 2012 www.steinklang.at