© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/13 / 25. Januar 2013

Meldungen

Souverän ist, wer seinen Traumspeicher beherrscht

HEIDELBERG. Die meisten Menschen schenken ihren Träumen keine Beachtung. Für Ernst Jünger hingegen waren sie nicht nur eine wichtige Ressource schriftstellerischer Produktion, sondern, wie Jan Röhnert, Braunschweiger Junior-Professor für neuere Literatur, in einer Studie über „Geträumte Selbstbehauptung in Ernst Jüngers Strahlungen“ ausführt (Germanisch-Romanische Monatsschrift, 3/2012), Überlebenshilfe in Zeiten existentieller Bedrohung. Im Nebeneinander von Traumbewußtsein und wachem Tagesverstand habe Jünger sich mit seinen Erfahrungen als Wehrmachtsoffizier in Paris und im Hinterland der Ostfront auf Distanz zum „totalisierten öffentlichen Leben“ und zur „kollektiven Weltzeit“ gehalten. Träume öffneten ihm aber nicht nur imaginäre Gegenwelten, sie warfen auch ein spezifisches Licht auf die diffuse Wirklichkeit. Sie stifteten „plötzliche Evidenzen“ und ließen hinter vermeintlich sinnlosen Realitäten „das Beständige“ erkennen, was die „Gelassenheit des Ich“ förderte und zur Quelle von Jüngers Selbstbehauptung im Zweiten Weltkrieg geworden sei. Im diametralen Gegensatz zu Sigmund Freuds psychoanalytischer Traumdeutung, die die Macht des Unbewußten exponiert, verliere Jüngers autobiographisches Ich jedoch zu keiner Zeit die Souveränität über seinen Traumspeicher und bleibe unumschränkter Herrscher im Reich seiner Träume. (dg)

www.winter-verlag.de

 

Nietzsche: Ein Denker für politisch Unkorrekte

BAD FRANKENHAUSEN. Auf den 6. August 1881 datierte Friedrich Nietzsche seine Vision von der „Ewigen Wiederkehr“, die den Kern seiner antichristlichen und universalistischen „Religion der Diesseitigkeit“ bildet. Am selben Tag fiel am Kyffhäuser der Startschuß zur Gründung des Verbands der Vereine Deutscher Studenten (Kyffhäuser-Verband/VDSt), die zwecks „innerer Reichseinigung“ auf die Revitalisierung christlicher und patriotischer Werte setzten – „bei unverhohlener rassistischer Ablehnung der Juden“ als den „weltbürgerlichen“ Exponenten des Materialismus und Nihilismus. Für Stefan Martin, den Literaturredakteur der Akademischen Blätter (4/2012), begründet dieser ursprüngliche scharfe Gegensatz keine dauernde Nietzsche-Aversion seines Verbandes. Hat doch der VDSt schon in den 1890ern Nietzsche kurzerhand als Übersetzer von Darwins „Kampf ums Dasein“ rezipiert. Daran will Martin zwar nicht mehr anknüpfen. Gleichwohl könnten die Bundesbrüder, deren Wahlspruch immer noch lautet „Mit Gott für Volk und Vaterland!“, vom kosmopolitischen Philosophen gerade heute viel lernen. Aktuell sei das Werk des Verächters der „Herdenmenschen“ als Anleitung zur Selbstbestimmung und zur Persönlichkeitsbildung. Nietzsche-Kenntnis schütze vor „Facebook-Enthusiasmus“ und dem Mitläufertum der „Ach-so-politisch-Korrekten“. (wm)

http://akademische-blaetter.de

 

Schillerstiftung zeichnet Jürgen K. Hultenreich aus

WEIMAR. Der Schriftsteller Jürgen K. Hultenreich erhält in diesem Jahr die mit 5.000 Euro dotierte Kester-Haeusler-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung. Der 1948 in Erfurt geborene Autor zeichne sich durch eine unverwechselbare literarische Stimme aus, begründete die Jury ihre Wahl. Sein außergewöhnliches Erzähltalent habe Hultenreich unter anderem in dem Roman „Die Schillergruft“ bewiesen. Die Parabel über eine kranke Gesellschaft sei einer der bedeutendsten Romane über die DDR-Gesellschaft. (JF)

 

Sprachpranger

Fish & Rail

Name eines Geschäfts für Fischbrötchen im Dortmunder Hauptbahnhof