© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/13 / 01. Februar 2013

„Ich bin Demokrat durch und durch“
Baden-Württemberg: Mit bizarren Vorwürfen versuchen die Jungsozialisten in Weinheim, einen konservativen JU-Politiker zum Rücktritt zu zwingen
Henning Hoffgaard

Ganze zehn Seiten umfaßt das „Dossier“ über Sascha Pröhls angebliche politische Gesinnung. Pröhl ist Vorsitzender der Jungen Union im baden-württembergischen Weinheim, Stadtrat, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und Kassenwart beim örtlichen Stadtjugendring. Zumindest mit letzterem sollte nach dem Willen der Jungsozialisten in der 44.000-Seelen-Gemeinde Schluß sein. Pröhl, so heißt es im Ausschlußantrag des SPD-Nachwuchses, der der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, verstoße gegen die „freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland“. In dem akribisch zusammengetragenen Dossier, in dem unter anderem Bilder von Pröhls Twitter- und Facebook-Konto auftauchen, finden sich neben einigen Zeitungsartikeln, die mit dem JU-Chef wenig zu tun haben, auch Blogeinträge der Weinheimer Linkspartei.

Mit seiner Unterschrift unter das Manifest der konservativen „Aktion Linkstrend stoppen“ habe der CDU-Nachwuchspolitiker eine „islam- und homosexuellenfeindliche“ Organisation unterstützt, die gegen das Grundgesetz verstoße. Damit nicht genug, Pröhl, heißt es weiter, habe die Linkspartei als „zersetzende Partei“ bezeichnet. „Dies widerspricht den demokratischen Grundsätzen des Parteienwettbewerbs und zeigt sprachlich eine Nähe zu Nazis auf.“ Zudem folge der Student auf Twitter neben Jürgen Trittin und einigen Linken-Politikern auch der JF. Die Schlußfolgerung: „Diese Belege rechtfertigen einen Ausschluß von Sascha Pröhl als Vertreter der JU aus dem Stadtjugendring.“

In einer E-Mail an den Stadtjugendring gehen die Jungsozialisten sogar noch weiter. „Sollte sich die Junge Union jedoch von dessen Positionen – spätestens im Rahmen unserer außerordentlichen Mitgliederversammlung – nicht distanzieren, macht sie sich dessen Gedankengut zu eigen und muß daher ausgeschlossen werden.“ Dies auch im Stadtjugendring offen zu diskutieren, sei „ein Gebot der Transparenz“. Dabei blieb es allerdings nicht. In der vergangenen Woche verschickten die Jusos Antrag und Dossier an die Regionalpresse, die auch prompt über den angeblichen Politik-Skandal berichtete.

Die Weinheimer CDU stellte sich hinter Pröhl und spricht von einer „Schmutzkampagne“. Der Angegriffene selbst gibt sich gelassen: Er habe soeben ein Auslandssemester in der Türkei hinter sich. „Ich bin Demokrat durch und durch.“ Es sei einfach, aus dem Zusammenhang gerissene Zitate von ihm zu verwenden, um solch ein Theater zu veranstalten. „Das ist ein durchsichtiges Manöver“, sagte Pröhl den Weinheimer Nachrichten.

Der SPD-Nachwuchs hatte zwischen all der Spitzelei nur eines vergessen: Der CDU-Politiker ist gar kein Mitglied des Stadtjugendrings, sondern nur die JU als Ganzes. Zudem konnte nicht ein anderer Jugendverband dazu gebracht werden, den Ausschlußantrag zu unterstützen. Nach der blamablen Ablehnung des Antrages forderte die Union nun eine Entschuldigung vom SPD-Nachwuchs.

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