© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/13 / 01. Februar 2013

Obamas Jagd auf Osama
Theorien über die Jagd auf den Al-Qaida-Führer
Lydia Conrad

Angesichts anhaltender Gerüchte um die Tötung Osama bin Ladens am 2. Mai 2011 hat die US-Regierung natürlich ein vitales Interesse daran, daß ihre Version der Ereignisse nochmals in aller epischen Breite unter die Leute gebracht wird. Und wie es der Zufall so will, erschien nun auch eine entsprechende „Enthüllungsgeschichte“. Verfasser derselben ist der CNN-Analyst Peter L. Bergen, der bereits mehrfach in der Kritik von Journalistenkollegen stand, die Kriegführung in Afghanistan über Gebühr zu beschönigen. Zudem ist Bergen Direktor des Programms für Studien zur nationalen Sicherheit bei der New America Foundation, welche zum Teil vom Staat finanziert wird, was ebenfalls nicht gerade von besonderer Unabhängigkeit zeugt.

Allerdings leidet die propagandistische Überzeugungsarbeit Bergens unter einem kleinen Dilemma: In dem Moment, in dem er das Hohelied der erfolgreichen Terroristenjäger singt, muß er dem Image des alten und neuen US-Präsidenten Obama einige häßliche Kratzer verpassen. Nun wird offenkundig, daß der gefeierte Friedensnobelpreisträger noch sehr viel mehr als sein Vorgänger, der „Kriegstreiber“ George W. Bush, auf Drohnenattacken setzte, also gezielte Hinrichtungen ohne Prozeß, aber dafür mit erheblichen Kollateralschäden unter der Zivilbevölkerung. Ebenso erwies sich Obama bei der Planung des Angriffs auf Osamas Anwesen in Abbottabad als echter Hardliner.

Andererseits wäre es freilich zu begrüßen, wenn der saudische Dschihadist tatsächlich tot auf dem Grunde des Indischen Ozeans liegen würde, statt immer noch in Afghanistan oder Pakistan herumzugeistern und Ungemach auszubrüten. Doch die Sicherheit, daß dem tatsächlich so ist, vermag Bergen eben gerade nicht zu geben, denn seine Darstellung umschifft alle diesbezüglichen heiklen Punkte. So fehlen beispielsweise detaillierte Hinweise auf den DNS-Test, der die Identität des Toten bewiesen haben soll, dessen „Ergebnisse“ indes schneller vorlagen, als dies praktisch möglich sein konnte.

Aber wie dem auch sei: Das Bild vom entschlossenen Präsidenten Obama, der den Bösewicht Osama zur Strecke brachte, strahlt nun heller denn je, was für den Ausgang des US-Wahlkampfs sicher nicht ganz unwesentlich war.

Peter L. Bergen: Die Jagd auf Osama bin Laden. Eine Enthüllungsgeschichte. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2012, gebunden, 368 Seiten, Abbildungen, 19,99 Euro

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