© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/13 / 08. Februar 2013

„Junge – und wie du wieder aussiehst“
Mit freundlichen Grüßen: Heino zeigt seinen Verächtern die Faust und lacht sich ins Fäustchen
Ronald Berthold

Da hat sich die schreibende Zunft einmal mehr selbst ins Knie geschossen. Mit seiner Skandalisierung fördert sie den Verkauf von Heinos neuem Album „Mit freundlichen Grüßen“. Große Teile des mehrheitlich linken Feuilletons versuchen aus dem Volksmusik-Sänger den neuen Thilo Sarrazin zu machen. Den wollten die Redakteure auch am liebsten ans Kreuz nageln und halfen mit ihrer Kampagne, aus seinem verhaßten „Deutschland schafft sich ab“ den absoluten Sachbuch-Bestseller der Nachkriegszeit zu machen.

So ähnlich ergeht es nun Heino. Der Mann, der den Schöngeistern in den Redaktionsstuben aufgrund seiner „völkischen“ Lieder ein Graus ist, profitiert von einer Debatte über sein neues Album „Mit freundlichen Grüßen“. Darin covert der 74jährige deutsche Popstars wie Die Ärzte, Die Fantastischen Vier, Nena und Marius Müller-Westernhagen. All diese Säulenheiligen stehen links und genießen daher bei Feuilletonisten, die etwas auf sich halten, den Status des Unantastbaren. Daß Heino auch die ach so jugendgefährdende Gruppe Rammstein nachsingt – geschenkt!

Kaum ein Journalist vergißt in seinem Bericht über das neue Heino-Album zu erwähnen, daß der Sänger das Deutschlandlied in allen drei Strophen vertont hat und durch Südafrika tourte, als dort noch die Apartheid herrschte. Nun erdreistet sich der Mann mit dem rollenden „R“, die gehypten Bands als das zu outen, was sie sind: Musiker, die oft über Schlagerniveau nicht hinaus gekommen sind. Das geht ja gar nicht!

50 Millionen verkaufte Tonträger

Der Weißblondschopf mit schwarzer Sonnenbrille hat es mit diesem Coup seinen Gegnern gezeigt. Der Mann, der wegen seiner nationalen Musik verfemt und wegen seines Äußeren verspottet wurde, hat die auf sich gerichtete Waffe einfach umgedreht. Diesmal läßt er sich nicht parodieren. Er parodiert selbst. Das ironisch gemeinte Ärzte-Lied „Junge“ stellt Heino durch seine Art der Interpretation vom Kopf auf die Füße. War es bei der früheren Punk-Band noch eine Anklage gegen die spießige Generation ihrer Eltern, so nimmt Heinz Georg Kramm – so sein bürgerlicher Name – dem Lied alle Ironie. Plötzlich steht der von Vater und Mutter wegen seiner – aus Sicht der Ärzte: kreativen – Null-Bock-Phase gescholtene Junge als das da, was er wirklich ist: ein Faulenzer und Schmarotzer.

Genau wissend, wie leicht in einem aufgeregten Land PR sein kann, spielte der Mann, der mit seinen 50 Millionen verkauften Tonträgern zu Deutschlands erfolgreichsten Interpreten gehört, geschickt mit der Bild-Zeitung, die prompt mit einem „Rockerkrieg gegen Heino“ aufmachte. An dieser Schlagzeile wollte nun kaum ein Medium mehr vorbei. Von taz bis Süddeutsche (Überschrift: „Fürrrrchtet euch!“) griff die sich als Elite fühlende Kulturpublizistik das Thema auf und schob das Album damit ungewollt schon vor dessen offiziellen Verkaufsstart am vergangenen Freitag bei Amazon auf Platz eins der Charts.

Wenn die Berichte auch nicht ganz so böse und infam waren wie einst über Sarrazin – so geschah doch das gleiche. Riesenerfolg für den Geächteten und massive Gegenreaktionen der Leser. Die Beiträge in den Foren äußern Sympathie, ja sogar Achtung vor Heino. Selbst beim Online-Auftritt der taz schlagen sich fast alle Leser auf die Seite des Sängers, und viele kündigten an, das Album zu kaufen. Ob das die Redaktion beabsichtigt hat? Wohl kaum.

Die Schmähkritik an Heino ist dabei nicht nur von Vorurteilen, sondern auch von Unkenntnis geprägt. „Oomph“-Sänger Dero sprach in Bild von „völkisch-verherrlichenden“ Liedern, die der Volksmusiker in seinem Repertoire habe: „Ganz besonders bei dieser Landser-Romantik, die Heino in Liedern wie ‘Es steht ein Soldat am Wolgastrand’ propagiert, hört bei mir der Spaß auf.“ Gut und politisch korrekt gebrüllt, Dero. Doch leider voll daneben. Heino konnte locker kontern: „Kinder, nehmt mal Musikunterricht! Das ist ein Lied aus der Operette ‘Der Zarewitsch’ von Franz Lehár. Und der Soldat war ein Russe.“

Und auch bei der Kritik an der Aufnahme „Wenn wir schreiten Seit an Seit ... Heino singt Lieder der Heimat und das Deutschlandlied“ (1989) kennt offenbar niemand die Hintergründe. Die Platte, auf der der Sänger nicht nur „Deutschland, Deutschland über alles“ intoniert, sondern auch das Schlesier-, Ostpreußen-, Riesengebirgs- und Südwestlied vorträgt, war nicht seine Idee. Es wurde seinerzeit gefördert vom Land Baden-Württemberg.

Totenkopf-Logo auf dem neuen Heino-T-Shirt: Die auf ihn gerichtete Waffe einfach umgedreht

Heino: Mit freundlichen Grüßen Starwatch (Sony Music), 2013 www.sonymusic.de

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