© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/13 / 08. Februar 2013

Andere Art von Antifeminismus
Kerstin Steinbach gegen die Bewegung der Prüderie
Ellen Kositza

Kerstin Steinbach ist strikte Anti-Feministin. Sie trägt in Wirklichkeit einen anderen Namen. Unter letzterem hat sie bereits Abhandlungen „in der üblichen Sklavensprache“ verfaßt, die in akademischen Kreisen geschätzt werden. So heißt es auf der Rückseite von „Steinbachs“ Buch.

Man will es deshalb glauben, weil man von ähnlich schizophrenen Autorenkarrieren schon öfter hörte. Auf Steinbachs aktuellem Buch – sie publiziert seit über zwanzig Jahren gegen den Feminismus – stechen auf dem kunterbunten Umschlag ein Dutzend Aussagen hervor, ein schrilles Feuerwerk an Bildern und Parolen. Die Autorin, Jahrgang 1962, haßt den Feminismus leidenschaftlich, weil er prüde und verlogen sei und die Ungleichheit der Geschlechter zementiere.

Ihre Kritik speist sich, anders als bei Feminismusgegnern üblich, nicht aus einem konservativen Fundus, sondern aus radikalem Fortschrittsdenken. Freud und vor allem Wilhelm Reich sind ihre geistigen Väter: Sexualität wird als Kern jeder Persönlichkeit angenommen. Wer sich in diesem Bereich bevormunden lasse, agiere auch außersexuell als Untertan.

Steinbach ist stinksauer. All die frohen Nackedeis, die einst („in den besseren Zeiten“, wie sie die „befreiten“ sechziger und siebziger Jahre glorifiziert) auf den Stern-Titeln prangten, seien heute verschwunden. Kindern werde eine Sexualität abgesprochen. Gegen die „segensreiche“ Pille werde „gestänkert“. Kaum einer mache sich für die „harmlose Abtreibungspille“ stark, überhaupt habe der Feminismus die Verdienste der Sowjetunion und der KPD für das Abtreibungsrecht schmählich verschwiegen.

Der Feminismus habe seine Rolle als Nachfolgeinstanz der Kirche „getarnt“, damit die Geistesverwandtschaft nicht offen zutage trete. Ihm sei anzulasten, daß heute allenthalben Monogamie- und Gebärpropaganda vorherrsche, mit der Folge, daß die zeitraubenden und sexuell einschränkenden Kleinen die Natur zerstörten, Löhne drückten und Reisen verteuerten. Es mag verwundern, daß jemand, der aus einer derart glücklichen, vollends befreiten Sexualität spricht, über Hunderte Seiten einen geifernden und verkniffenen Ton durchhält. Eines jedenfalls kann man der eigenartigen Lektüre nicht nachsagen: daß sie langweilig sei.

Kerstin Steinbach: Rückblick auf den Feminismus. Von Anfang an eine Lüge gegen Gleichheit, Logik und sexuelles Vergnügen. Ahriman-Verlag, Freiburg/Br. 2012, gebunden, 308 Seiten, 29,80 Euro

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