© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/13 / 15. Februar 2013

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Gregor Gysi
Späte Genugtuung
Marcus Schmidt

Die aufgeregten Reaktionen der Linkspartei machen die Brisanz der Lage deutlich. Die Parteivorsitzende Katja Kipping behauptet allen Ernstes, hinter den Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft gegen ihren Fraktionschef Gregor Gysi stehe eine Kampagne gegen „Ostdeutsche“. Doch so einfach werden die Genossen den Verdacht, Gysi habe im Zusammenhang mit Medienberichten über seine Kontakte zur Stasi eine falsche eidesstattliche Erklärung abgegeben, nicht vom Tisch wischen können.

Es geht dabei einmal mehr um die Frage, wie eng Gysi in der DDR mit der Stasi zusammengearbeitet hat – oder um es kurz zu machen, ob er ein williger Spitzel des Regimes war. Der Linksfraktionschef, der sich seit Jahren immer wieder juristisch gegen entsprechende Behauptungen wehrt, bestreitet, daß er wissentlich oder willentlich Informationen über Mandanten oder andere Personen an die Stasi weitergegeben hat.

Anders als in früheren Fällen steht dieses Mal – ganz abgesehen von den nun drohenden strafrechtlichen Konsequenzen – nicht nur Gysis Glaubwürdigkeit auf dem Spiel: Sollte die Galionsfigur der Linkspartei tatsächlich angeklagt werden, dürfte der Bundestagswahlkampf für ihn gelaufen sein, noch bevor er richtig begonnen hat. Für seine Partei wäre dies eine Katastrophe, für viele SED-Opfer eine späte Genugtuung.

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