© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/13 / 15. Februar 2013

Grüße aus Straßburg
Dunkle Kanäle
Andreas Mölzer

Für großes mediales Aufsehen sorgen derzeit die Gehälter der EU-Beamten, von denen manche mehr verdienten als Bundeskanzlerin Merkel.

Richtig ist dabei, daß den Spitzen-Eurokraten wie etwa den Leitern der Generaldirektionen jeden Monat fürstliche Gehälter aufs Konto überwiesen werden und sie darüber hinaus in den Genuß einer Reihe von Privilegien kommen, die für den Durchschnittsbürger schlichtweg unverständlich sind. Hier besteht somit dringender Handlungsbedarf.

Übersehen wird aber auch gern, daß die Gehälter des Großteils der EU-Mitarbeiter, allzumal der jungen, keineswegs so üppig sind, wie es die Debatte vermuten läßt. Natürlich könnte man auch hier massiv kürzen, aber dann wären Anstellungen bei der Europäischen Union für Bundesdeutsche, Österreicher oder Niederländer kaum noch attraktiv. In diesem Fall würden sich vor allem Menschen aus den wirtschaftlich schwachen Mitgliedstaaten wie Rumänien oder Bulgarien um die bis dato begehrten Posten bewerben – eine Entwicklung, die niemand haben will.

Vor allem aber soll die medial zelebrierte Empörung von den wahren Einsparungspotentialen innerhalb der Europäischen Union ablenken. So machen die prall gefüllten Subventionstöpfe für Landwirtschaft und Regional-entwicklungen ein Vielfaches der Beamtengehälter aus, und wie der Europäische Rechnungshof in seinen Berichten feststellt, kommt es in diesen beiden Bereichen zu Betrügereien und Manipulationen aller Art, die jährlich einen Schaden in Millionenhöhe verursachen.

Hinzu kommt, daß eine immer zentralistischer werdende Europäische Union, die ständig neue Zuständigkeiten an sich reißt, auch höhere finanzielle Mittel benötigt, womit angesichts offenkundig unzureichender Kontrollmechanismen immer mehr Geld in dunklen Kanälen versickert.

Wenn daher nach massiven Kürzungen gerufen wird, dann sollten diese zuallererst bei den Kompetenzen der Europäischen Union, etwa in Form von Renationalisierungen beginnen. Dabei käme es ohnehin – als positiver Nebeneffekt sozusagen – zu einem Abbau der aufgeblähten Bürokratie und zu einer Verkleinerung des EU-Beamtenheeres.

Andreas Mölzer ist Herausgeber und Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung „Zur Zeit“ und seit 2004 FPÖ-Europaabgeordneter

andreasmoelzer.wordpress.com

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