© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/13 / 01. März 2013

Meldungen

Zufriedenheit in der Arbeitswelt sinkt

MÜNCHEN. Daß materieller Wohlstand kein „glückliches“ Dasein verbürgt, ist seit Karl Marx nicht nur eine Leerformel von Kritikern der „kapitalistischen Verdinglichung“. Denn seit 30 Jahren ist bei deutschen Beschäftigten tatsächlich „sinkende Arbeitszufriedenheit“ trotz hohen Lebensstandards zu registrieren. Das Max-Planck-Institut für Ökonomik in Jena ist diesem Phänomen nachgegangen und hat dabei die Rolle der Beschäftigungsformen untersucht. Zugewinne an Lebenszufriedenheit konnten die Jenaer „Glückssucher“ bisher nur bei Menschen feststellen, die sich aus unternehmerischer Perspektive selbständig machten, nicht jedoch bei Ein-Mann-Unternehmern, die aus der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit geflohen sind. Mit solchen Resultaten stehe die Forschung jedoch erst am Anfang und tauge nicht für „Politikempfehlungen“. Ob die „Mehrung des materiellen Wohlstands“, die sich als positiver Wert in allen Parteiprogrammen findet, der einzige Maßstab für das Wohlergehen eines Gemeinwesens sei, darf aus Sicht der Glücksforscher allerdings heute schon bezweifelt werden (Max-Planck-Forschung, 3/2012). (ob)

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Georg Lukács als „Mitteleuropäer“

WIEN. Während der Agonie der Weimarer Republik, so erinnert Stephan Braese an den Philosophen und Literaturhistoriker Georg Lukács (1885–1971), habe dieser Moskauer Komintern-Beauftragte, dem seit 1931 die intellektuelle Aufrüstung der Thälmann-KPD oblag, eine „quecksilbrige Aktivität in der deutschen kulturellen Szene“ entfaltet (Weimarer Beiträge, 4/2012). Leider sei der marxistische Ästhetiker, der Schüler Max Webers und Georg Simmels, der 1919 als Volkskommissar für Unterrichtswesen in Ungarn mitverantwortlich für die Verbrechen des Räteregimes von Béla Kun war, damals schon weit vorangekommen auf dem Weg, seine „unverwüstliche Denkkraft dem trostlosen Niveau der sowjetischen Denkerei gleichzuschalten“ (Adorno). Diese Anpassung an die Moskauer Orthodoxie ließ das Werk des Philosophen, wie Braese beklagt, als Opfer des „Abrechnungs-Triumphalismus nach 1989/90“ zu Unrecht in Vergessenheit versinken. Neue Aktualität könnte Lukács heute jedoch durch die Entdeckung seiner aus „k. u. k. und jüdischen Bildungstraditionen“ gespeisten „Europäizität“ zuwachsen. Was unter diesem Aspekt vom „letzten Mitteleuropäer“, dem das „Multi- und Transnationale eingeschrieben“ gewesen sei, zu lernen wäre, hält Braese freilich genauso unter der Decke wie Lukács‘ Tätigkeit als Rätekommissar. (wm)

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