© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

Bizarrer Bilderstreit
Nordrhein-Westfalen: Die CDU an Rhein und Ruhr leidet an den Spätfolgen ihrer Wahlniederlage und der Rivalität ihrer Doppelspitze
Martin Schneider

Die nordrhein-westfälische CDU hat ihre Niederlage bei der Landtagswahl im Mai 2012 noch nicht verwunden. Während ihr gescheiterter Spitzenkandidat Norbert Röttgen in der Versenkung verschwunden ist nachdem er mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt wurde, versucht die Partei mühsam einen Neuanfang. Doch wenn sie derzeit von sich reden macht, dann droht derzeit meist Ungemach.

Die Union leidet unter dem Doppelspitzen-Dilemma. Zwischen dem rhetorisch schwachen Fraktionschef Karl-Josef Laumann, der für die ländlich-konservative Union steht, und Parteichef Armin Laschet („Türken-Armin“), der die vermeintlich „moderne“ Großstadt-Union repräsentiert, stimmt die Chemie einfach nicht.

Die Rivalität der beiden Führungsfiguren, trägt bisweilen bizarre Züge, wie der sogenannte Bilderstreit zeigt: Auf den 47 Seiten des CDU-Mitgliedermagazins „Bei uns in NRW“ zählten Laumann-Anhänger 27 Laschet-Fotos und nur drei des Fraktionsvorsitzenden. Was eine Sprecherin der Partei als „Abstimmungsprobleme auf Arbeits-ebene“ verniedlichte, werteten andere als überzogenen Personenkult. Dieser Fall illustrierte jedenfalls, wie schwierig es derzeit ist, im mit 150.000 Mitgliedern größten CDU-Landesverband die Balance zwischen Partei- und Fraktionsspitze herzustellen.

Im Dezember erzielte Laschet auf dem Bundesparteitag der CDU prompt das schlechteste Ergebnis (67,3 Prozent) bei der Wahl zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Für „Durchstechereien“ nutzte man schon zu den Zeiten von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) gern die auflagenstarke Rheinische Post aus Düsseldorf. Und so wird es kein Zufall gewesen sein, daß kurz vor der Wahl auf dem Parteitag durchgesickert war, daß der Parteichef zusätzlich zu seiner Vergütung als Landtagsabgeordneter eine Aufwandsentschädigung von 5.363 Euro pro Monat erhalten sollte. Laschet hatte für sein Amt als Parteichef sein in ebendieser Höhe vergütetes Amt als Parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion aufgegeben. Neben der Schlappe bei der Wahl, für die er zu dem Euphemismus griff, beim fünften Platz handele es sich immerhin noch um einen Europa-League-Rang, mußte der frühere Integrationsminister nun auch auf das eigentlich schon im Juli 2012 vom geschäftsführenden CDU-Landesvorstand beschlossene zusätzliche Geld verzichten.

Ein gewisses Gschmäckle hatte auch die Ernennung des Historikers Guido Hitze zum neuen Chefdenker des Landeschefs. Hitze war zuvor Referatsleiter der Landeszentrale für politische Bildung. Pikant daran, daß Hitze nun die Abteilung „Politik und Kommunikation“ der Landes-CDU leitet, ist der Umstand, daß er zuvor recht schonungslose Analysen über die nordrhein-westfälische Union verfaßt hatte. In einem eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Papier hatte der 45 Jahre alte Neusser geschrieben, die NRW-CDU liege „organisatorisch, strategisch und programmatisch völlig brach“. Mit voller Wucht kritisierte Hitze Laschets Intimfeind Röttgen und warf ihm vor, er habe die Düsseldorfer CDU nur als „ein brauchbares Vehikel zur Erfüllung seiner persönlichen bundespolitischen Ambitionen“ genutzt. Sogar von Egozentrik, Arroganz und fortgeschrittenem Autismus war die Rede, allesamt Wertungen, die nicht mehr als rein sachliche Kritik am ehemaligen Bundesumweltminister durchgehen können.

Ein Landeschef darf nicht zu polarisierend wirken, sondern muß vermitteln können. Ob Laschet, dessen Denken insbesondere beim Thema Integration missionarische oder auch ideologische Züge trägt, dies gelingen wird, bleibt fraglich. So möchte er den Christdemokraten im westfälischen Hagen bei der Kandidatur für die Bundestagswahl 2013 ausgerechnet eine Kandidatin aus Aachen vor die Nase setzen. Cemile Giousouf ist 34 Jahre alt, Muslimin mit türkischen Wurzeln und stellvertretende Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Forums in der CDU. Die Frau, auf die man sich in der Hagener Union nicht so recht freuen will, scheiterte 2009 bei der Kommunalwahl mit ihrer Bewerbung um ein Ratsmandat. Politische Erfahrungen konnte sie dennoch sammeln: Laschet hatte Gionsouf in seiner Zeit als Integrationsminister als Referentin in sein Ministerium berufen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen