© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

Los vom diebischen Rom
Italien: Nach dem Wahlsieg in Venetien, Piemont und der Lombardei fordert die Lega mehr Eigenständigkeit
Paola Bernardi

Mission erfüllt“, rief Roberto Maroni, der Chef der Lega Nord, seinen jubelnden Anhängern zu, als feststand, daß er zum neuen Präsidenten der Lombardei gewählt worden war. Im Schatten der italienischen Parlamentswahlen wurde auch das Schicksal der wichtigsten Region Italiens besiegelt. Nach der Auszählung der Stimmen setzt die bevölkerungsreichste und vor allem finanzkräftigste Region auf die Lega. Maroni hatte mit 4,5 Prozentpunkten über seinen linken Rivalen, Umberto Ambrosoli, gesiegt. Somit steht nun auch die Lombardei, wo sie 42,4 Prozent erzielte, neben Piemont und Venetien unter der Führung der Lega Nord.

Eine herbe Enttäuschung für die italienische Linke unter Parteichef Pier Luigi Bersani, der hier ganz auf Sieg gesetzt hatte. Waren doch alle Umfragen für einen politischen Wandel im Norden so günstig wie nie. Als noch Ende vergangenen Jahres der mächtige Präsident der Lombardei aufgrund eines Korruptionsskandals zurücktrat, schien der Weg für die Linken endgültig frei.

Roberto Formigoni, Mitglied in Berlusconis Il Popolo della Libertà (PDL), hatte die Lombardei wie ein Sonnenkönig regiert. Nichts schien diesem, den katholischen Kreisen nahestehenden, Präsidenten etwas anhaben zu können, bis die Staatsanwaltschaft Mailand ihn dann wegen Korruption vorlud. 8,5 Millionen Euro soll sich Formigoni an Geschenken und Vergünstigungen während seiner Präsidentschaft angeeignet haben. Er selber bestreitet diese Vorwürfe.

Doch auch die Lega Nord hatte in der jüngsten Vergangenheit mit Korruption zu kämpfen. Seit den achtziger Jahren kämpfte sie mehr oder minder erfolgreich für die Unabhängigkeit des italienischen Nordens vom Süden. Mit dem Slogan „Roma Ladrona“ (Diebisches Rom) prangerte die Lega jahrelang die Verschwendung durch Regierung und Parlament in Rom an.

Doch dann erschütterte im Frühjahr 2012 im eigenen Haus ein Spendenskandal die Partei. Ausgerechnet die engsten Familienangehörigen des Lega-Nord-Gründers Umberto Bossi hatten in die Parteikasse gegriffen und sich reichlich bedient. Viele Lega-Wähler fühlten sich getäuscht und wurden zu „Grillini“, das heißt sie wählten die neue Bewegung von Beppe Grillo. Nur durch das Zusammengehen der Lega Nord mit der PDL von Berlusconi gelang jetzt bei den Regionalwahlen der Sieg in der Lombardei.

Die Folgen dieser Wahl sind bisher noch nicht abzusehen. Denn mit diesem jüngsten Wahlerfolg werden nun alle drei großen Industrieregionen im Norden Italiens von der Lega Nord regiert.

Schon in seinem Wahlprogramm ging Maroni auf Konfrontationskurs zu Rom. Er fordert, daß die Lombardei 75 Prozent der Steuern selbständig verwalten darf, so wie die Region Südtirol.

Der EU stellt Maroni die Vision von „Makroregionen“ entgegen, die die Zuständigkeit in den wichtigsten Bereichen vom Zentralstaat selber übernehmen sollen. Vor allem soll der Hauptanteil des Steueraufkommens in der Region bleiben. Eine solche europäische Makroregion könnten die Lombardei, Piemont, Venetien und Friaul bilden. 70 Prozent des Bruttosozialproduktes Italiens werden hier erwirtschaftet. Der Plan geistert schon lange in den Köpfen der Lega Nord. Schon im letzten Jahr hatten sich auch Lega-Nord-Vertreter in Bad Ragaz (Schweiz) zu einer „Konferenz der Alpenregionen“ getroffen, um wie es damals hieß „den Alpenraum zur Herzkammer Europas zu machen“. Eine makroregionale Strategie sei ein Schritt von zentraler Planung und Umsetzung hin zur substantiellen Dezentralisation. Verhandlungen mit Rom und Brüssel sollen in Kürze beginnen.

Foto: Lega-Nord-Chef Roberto Maroni (r.) feiert den Wahlsieg in Norditalien: Ein größeres Stück vom Kuchen

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