© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

„Städte ertrinken in Tränen“
Musik: Kantate „Mein Name ist Anne Frank“
Petra Knoll

Kitschverdächtig ist die Kantate „Meine Name ist Anne Frank“ sicher nicht, die vor kurzem in Nürnberg das Licht der Welt erblickte. Dafür ist die Komposition von Volker Blumenthaler zu nahe an der zeitgenössischen, neuen Musik. Mit einem Musicalstar Anne Frank könnte er nichts anfangen. Auch der Text von Alexander Gruber wird keine „Talsperre von Tränen“ produzieren, wie es über die Boulevardvariante am Broadway in New York hieß. In den 1950er Jahren kam Anne Franks Tagebuch zum ersten Mal auf die Bühne. Allein 15 Theater in Mittel- und Westdeutschland spielten bis Ende 1956 eine Bühnenversion des Tagebuchs.

Komponist Blumenthaler ist bekannt für zeitgenössische Musik. Aber keine Sorge: In Nürnberg wurden die Ohren der Zuhörer nicht gefoltert. Experimente mit einzelnen Tönen oder Gegenständen fanden nicht statt. Nur selten verließen die Töne den Kosmos der musikalischen Harmonie und berührten die Welt des Atonalen. Gelegentlich zeigten sich barocke Anklänge und Spuren von Brahms’ Requiem – nur Spuren, also keine Zitate in postmoderner Manier.

Besonders überzeugend waren die Soli der vier Schlagzeuger. Sie erzeugten zuweilen eine beklemmende Atmosphäre im Wechsel von monotonen, verlangsamten Paukenschlägen und überschäumenden, fetzigen Paukenwirbeln. Musikalisch führten zwei Pianistinnen der Musikhochschule durchs Programm, schufen eine ernste Stimmung mit Kunstpausen und Anklängen an eine Totenmesse. Die inhaltliche Botschaft transportierten Chor und zwei Solisten.

Die Sopranistin verkörperte Anne Frank. Sie besang ihr Schicksal auf einem Amsterdamer Dachboden, wo sie sich vor der NS-Verfolgung versteckte. Sie schwärmt für ihren Freund Peter. Kurze Duette erklingen, wenn Manuel Krauß einsetzt. Der Bariton wechselt öfter die Rolle und zeigt die Flexibilität seiner Stimme: Dann ist er der Vater von Anne Frank oder Nachrichtensprecher.

Für die politischen Botschaften der Kantate ist weitgehend der Chor zuständig. Fast fünfzig Stimmen zwischen 13 und 21 Jahren (vorwiegend Mädchen) besingen das Schicksal des Krieges: „Die Städte ertrinken in Tränen. Vermauert ist jeder Trost. Wohin uns wenden? Auf wen vertraun? Jeder begegnet dem Tod.“

Die nächste Aufführung der Kantate findet am 10. März um 17 Uhr im Musiksaal der Nürnberger Symphoniker, Bayernstaße 100, statt.

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