© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

Das Interventionsverbot nach 1945: Sukzessiver Bedeutungsverlust
Lauter Verstöße gegen das Völkerrecht
(ob)

Das Herbst-Heft des Archivs für Völkerrecht (3/2012) war kaum ausgeliefert, da hätte Kerstin Odendahl ihre Studie über „Regimewechsel und Interventionsverbot“ aufgrund der Entsendung französischer Fallschirmjäger nach Mali sowie der Debatte über die Unterstützung einer Bürgerkriegspartei in Syrien schon nachbessern können. Untersucht die Kieler Völkerrechtlerin doch das militärische Eingreifen der „Staatengemeinschaft“ an der Elfenbeinküste 2011 und in Libyen, wo im selben Jahr mit amerikanisch-französischer Waffenhilfe die Gaddafi-Diktatur beseitigt wurde, die 2010 gerade Mitglied des UN-Menschenrechtsrats geworden war. In ihrer akkuraten Prüfung der Frage, ob beide Interventionen vom internationalen Recht gedeckt waren, markiert Odendahl eklatante Verstöße gegen das völkerrechtliche Gebot der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten souveräner Staaten. Offenbar zeige sich an diesen Fällen wiederum der „sukzessive Bedeutungsverlust des Interventionsverbots“ nach 1945. Die „Regimefrage“ als Herzstück nationaler Souveränität befinde sich seitdem „kontinuierlich“ auf dem Rückzug. Dogmatisch lasse sich diesem realpolitischen Prozeß Rechnung tragen mit einer Reduktion innerstaatlicher Vorbehaltsrechte sowie mit einer Ausgestaltung des Eingriffsrechts zum neuen „selbständigen Rechtfertigungsgrund für einen Regimewechsel“.

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