© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/13 / 08. März 2013

Frisch gepresst

Ministerium Rust. Aus Helmut Heibers anekdotenreicher Darstellung des Preußischen, seit 1934 zugleich des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (REM) bleibt der Witz haften, „ein Rust“ sei die Sekunde zwischen Anordnung und Aufhebung einer Erlasses. Das scheint auf einen notorisch schwankenden, im NS-„Ämterdarwinismus“ marginalisierten Minister zu deuten. Und doch schaffte es der auf den Feldern Kultur, Kunst und Wissenschaft von Parteikonkurrenten wie Goeb-bels, Rosenberg und Himmler arg bedrängte Bernhard Rust, ein humanistisch gebildeter Altphilologe und Gymnasiallehrer aus Hannover, sich bis zu seinem Selbstmord im Mai 1945 an der Spitze des Ministeriums zu behaupten. Welche Qualitäten ihm dabei zugute kamen, verrät die Gießener Historikerin Anne C. Nagel in ihrer Monographie des REM. Ungeachtet der üblichen moralinsauren Untertöne, die dem „völkischen Rassisten und Antisemiten“ gelten, treten in Nagels Porträt überraschend positive Konturen eines durchsetzungsfähigen Amtschefs und kompetenten Bildungspolitikers zutage. Zudem weist ihre Schilderung der auf Rusts Widerstand treffenden Initiativen von NS-Funktionären, die eine „praxisnahe“, das „Absinken des geistigen Niveaus“ in Kauf nehmende Ausbildung forderten, unbeabsichtigt verblüffende Parallelen zum „pragmatischen Effizienzdenken“ der „Bologna“-Planer auf. (hv)

Anne C. Nagel: Hitlers Bildungsreformer. Das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung 1934–1945, FischerVerlag, Frankfurt/M. 2012, broschiert, 448 Seiten, 12,99 Euro

 

Prußen. Das Buch, das die pensionierte Lehrerin Beate Szillis-Kappelhoff über die vor 1.000 Jahren zwischen Weichsel und Memel siedelnden Prußen vorlegt, wendet sich ausdrücklich nicht an die Fachwelt der Historiker. Es möchte lediglich weit verstreutes Material zur Geschichte eines untergegangenen Volkes zusammenfassen, um ein größeres Publikum für die schriftlose Kultur der „ersten Preußen“ zu interessieren, die seit dem 13. Jahrhundert der „Heidenmission“ des Deutschen Ordens erlagen. Dank großer Vertrautheit mit der sich nach 1918 belebenden Prußen-Forschung, die sie fast lückenlos verarbeitet, erreicht die Autorin mit sicheren Strichen ihr Ziel, eine sehr informative, kompakte und ungemein lesbare Darstellung zur Frühgeschichte des Preußenlandes anbieten zu können. (dg)

Beate Szillis-Kappelhoff: Prußen – die ersten Preußen. Geschichte und Kultur eines untergegangenen Volkes. Bublies-Verlag, Schnellbach 2013, gebunden, 358 Seiten, Abb., 19,80 Euro

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