© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/13 / 15. März 2013

Die Lüge in der Politik
Ceausescus Wetterbericht
Rolf Dressler

Ob sich der Vorzeitmensch wohl jemals zum Homo sapiens emporentwickelt hätte, wenn er schon in den Savannen Afrikas dem Dauerbeschuß des flachhirnigen Fernseh- und Dudelfunks unserer Tage ausgeliefert gewesen wäre? Diese flapsige Frage kann naturgemäß niemand verläßlich beantworten. Etwas anderes indes darf als ausgemacht gelten: Die Lüge kam erst in die Welt, als die sogenannte „Krone der Schöpfung“ auf dem Erdenrund ihre Bahnen zu ziehen begann.

Wer betrügen will, muß lügen, unkt seither der Volksmund. Mit der beinahe noch milden Form des Flunkern halten sich nicht einmal mehr jene hochrangigen (Regierungs-)Politiker auf, die beim leider oft allzu arglos-indifferenten Bürgerpublikum gern als Ausbund des Seriösen zu punkten versuchen.

Schwindelerregend flunkern gegenwärtig wieder die „Euro-Retter“. Und sie dürfen immer noch weitermachen, weil noch immer niemand ihnen energisch in den Arm fällt. Das dürfte in seiner ganzen Tragweite, wenn überhaupt, erst nach und nach zutage gefördert werden. Häppchenweise, damit den beispiellos geschröpften heutigen und künftigen Generationen möglichst vieles noch möglichst lange verborgen bleibt – bis die jetzigen Akteure längst über alle Berge entschwunden sind.

Die Nomenklatura der „EUdSSR“, wie nicht nur so mancher zornige Wutbürger sie inzwischen empört nennt, fordert ihren Bürgern mannigfache Qualifikationsnachweise für jedwedes Tun und Handeln ab. Nur an sich selbst legt sie mitnichten dieselben Maßstäbe an, wie es sich gehören würde. Eine Nation, ein Staatsvolk könne Dummköpfe und dreiste Überehrgeizlinge überleben, „nicht aber Verrat von innen“, das befand einst schon Marcus Tullius Cicero.

Was jedoch hilft eine solche Mahnung, wenn die Massenmedien unserer Tage der herrschenden Politik sogar den Milliarden- und Billionenschwindel um Griechenland, Zypern und die vorgebliche „Euro-Rettung“ weitgehend ungeschoren durchgehen lassen?

Ach, übrigens: Rumäniens berüchtigter Diktator Nicolae Ceausescu ließ in besonders kalten Wintern sogar die Wetterberichte fälschen, um die darbende Bevölkerung trotz enormer Heizmittelknappheit wenigstens leidlich bei Laune zu halten. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

 

Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim „West­falen-Blatt“ in Bielefeld und ist nun freier Journalist.

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