© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/13 / 15. März 2013

Lockerungsübungen
Gier nach Beschäftigung
Karl Heinzen

Für das vorige Jahr ließ der Kalender nichts Gutes für Wachstum und Beschäftigung erwarten, fielen doch zwei gesetzliche Feiertage weniger als 2011 auf Wochenenden. Die zusätzliche Freizeit für die Erwerbstätigen hat jedoch, wie die aktuellen Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ausweisen, kaum Schaden angerichtet. Zwar ging die durchschnittlich geleistete Arbeitszeit der Beschäftigten um 0,7 Prozent auf 1.397 Stunden im Jahr zurück. Zugleich wuchs jedoch die Zahl der Erwerbstätigen um 1,1 Prozent auf nunmehr 41,6 Millionen an. Wenn man beide Effekte saldiert, ist sogar ein leichter Anstieg der geleisteten Arbeit abhängig Beschäftigter um 0,4 Prozent auf insgesamt 58,12 Milliarden Stunden zu verzeichnen.

Optimistisch stimmt, daß dabei längst noch nicht alle Register gezogen sind. Ein sogenannter Vollzeitbeschäftigter kommt im Durchschnitt gerade einmal auf 38 Stunden pro Woche, hier ist noch viel Spielraum nach oben. Die Teilzeitquote von 34,8 Prozent könnte markant gedrückt werden, sofern die Lebenshaltungskosten steigen und Lohndisziplin durchgesetzt wird. Wochenendarbeit ist zudem immer noch nicht die Regel. Die Schul- und Universitätsausbildung könnte weiter verkürzt, das Renteneinstiegsalter erheblich hinausgeschoben werden. Und nicht zuletzt sind im Ausland ungezählte leistungshungrige Menschen auf dem Sprung, um sich in unsere Volkswirtschaft einzureihen.

Da der unternehmerische Erfolg sich immer noch daraus ableitet, daß man andere Menschen für sich arbeiten läßt und ihnen einen Teil des durch ihre Tätigkeit erzielten Ertrages vorenthält, sind die Voraussetzungen für eine auch in Zukunft prosperierende Wirtschaft günstig. Fatal wäre es jedoch, die aus den Zahlen ablesbare Gier der Bevölkerung nach Beschäftigung für ein Naturereignis zu halten. Menschen steigern ihren Einsatz nur dann, wenn sie dazu keine Alternative haben.

Wenn man aus unserer Gesellschaft mehr Arbeit herauspressen möchte, gilt es daher, den Druck auf sie zu erhöhen, indem man den Sozialabbau fortsetzt, die Steuerlast erhöht, die Lebenshaltung verteuert und weiter die Verelendungsangst schürt. Hier zahlt es sich sogar aus, daß der Mythos der Marktwirtschaft erloschen ist. Wohlstand für alle und abnehmende Arbeitslast sind Heilsversprechen, die niemand mehr einfordert.

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