© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/13 / 15. März 2013

Aufgeschnappt
Der Adler wird zum Spatz reguliert
Matthias Bäkermann

Ökodesign-Richtlinie, das Verkaufsverbot der 100-Watt-Glühbirne, festgelegte Fassungsvermögen von Kondomen (fünf Liter) oder die bis 2009 immer gern zitierte EU-Richtlinie über den Krümmungsgrad von Gurken: Über Brüssel als Ort bürgerferner Regulierungswut wird häufig geklagt.

Doch wenn es um das „Kaputtreglementieren“ geht, wie Reinhold Dütsch, Vorsitzender der Bürgerschützen im münsterländischen Saerbeck-Dorf, vergangene Woche in den Westfälischen Nachrichten schimpfte, können auch die Beamten in Berlin – genauer im Bundesinnenministerium – zur Hochform auflaufen. Die haben nämlich 2012 eine neue „Schießstandrichtlinie“ erlassen. In dem 113seitigen Regelwerk für die neue Schützensaison wird unter anderem vorgeschrieben, daß der hölzerne Schützenvogel statt bisher 20 Zentimeter nur noch acht Zentimeter groß sein darf und wegen der Gefahr von Abprallern aus Weichholz geschnitzt sein muß. „Bei so einem dünnen Ding ist das Vogelschießen schnell beendet“, befindet Markus Bartsch vom Westfälischen Schützenbund. Statt der bisher üblichen 500 bis 600 Schuß dürften ab 2013 Schützenkönige schneller feststehen, Spannung der Zuschauer und Umsatz der Festwirte dagegen auf der Strecke bleiben. Auch wenn Unfälle beim Vogelschießen bisher nicht vorkamen, prallen alle Einwände bisher am Ministerium ab: „Die Sicherheit geht vor.“

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen