© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/13 / 22. März 2013

Eric Schweitzer ist neuer Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages
Der Müllmann
Ronald Berthold

Nicht alles, was Eric Schweitzer von sich gibt, muß man hundertprozentig ernst nehmen. Der Großunternehmer liebt das Augenzwinkern und verbindet es gern mit seiner Bodenständigkeit. Wenn sich der Berliner IHK-Vorsitzende vorstellt, wählt er eingangs meist nur drei Worte: „Ich bin Müllmann“, sagt er dann und hat die ersten Lacher auf seiner Seite. Der 47jährige führt gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Axel das Berliner Recyclingimperium Alba. Nun hat ihn am Mittwoch die Vollversammlung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zu ihrem neuen Präsidenten gewählt.

Der Müllmann spricht jetzt für 3,6 Millionen deutsche Unternehmen und hat eine der herausragendsten Positionen der deutschen Wirtschaft inne. An sein Gesicht werden wir uns gewöhnen müssen, denn der kommunikative und ruhig argumentierende Berliner wird sich die Chance nicht nehmen lassen, in diversen Talkshows die Interessen der Arbeitgeber zu vertreten.

Der DIHK gewinnt mit Schweitzer an Dynamik und verliert seine Behäbigkeit. Der bisherige Präsident Hans Heinrich Driftmann schaute nur ab und zu auf der Bundesgeschäftsstelle vorbei und mischte sich noch weniger in öffentliche Debatten ein. Seine Stimme blieb nicht nur zur Euro-Krise stumm. Nun sitzt ein anderer auf seinem Thron, und der wird auch vieles anders machen. Das weiß Driftmann, dennoch lobt er, sein Nachfolger spüre „genau, welche Nöte und Erwartungen Unternehmer in Deutschland umtreiben.“ Auf diese Fähigkeiten muß die FDP nunmehr verzichten, denn Ende 2012 trat er aus der Partei aus, über die Gründe schwieg er. Für den Spiegel verlor die Partei damit jedoch „ein wichtiges Aushängeschild für den Bundestagswahlkampf 2013“.

Schweitzer ist durch seine Jugend im eingemauerten West-Berlin geprägt. Mitte der achtziger Jahre saß er der seinerzeit noch strikt antikommunistischen Berliner Schüler-Union vor. Konservatismus war noch kein Schimpfwort, und so gehörte der junge Schweitzer auch zu dessen hoffnungsvollen nachwachsenden Vertretern. Schon damals selten aufgeregt, dafür aber durchdacht und messerscharf analysierend, vertrat der junge Mann seine Ansichten – auch in der Auseinandersetzung mit oft aggressiven Linken.

Das Unternehmen seines Vaters entwickelte sich damals von der kleinen Abfall-Klitsche zum Großkonzern. In Zeiten des Müllmonopols, das bei der staatlichen BSR lag, kannte so gut wie niemand Alba. Schweitzer machte Karriere, weil er gut, nicht weil er Sohn eines ehrgeizigen Firmenbosses war.

Daß sein Unternehmen Hauptsponsor und Namensgeber des achtmaligen deutschen Basketball-Meisters ist, hindert ihn nicht, immer wieder seine wahre sportliche Liebe einzugestehen: Die gehört Hertha BSC. Und das beichtet Schweitzer dann einmal ohne Augenzwinkern.

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